Ungarns Regierung legt unter Protesten Amtseid ab

REUTERS/Lisi Niesner
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Das Parlament in Budapest tritt heute begleitet von ganztägigen Demonstrationen zu seiner ersten Sitzung zusammen. Die Polizei entfernte in der Früh Aktivisten vor dem Parlament.

Unter Protesten der Bevölkerung ist am Dienstag in Budapest das neue Parlament zu seiner konstituierenden Sitzung zusammengetreten. Die Polizei riegelte den Platz um das Parlament ab. Dabei wurden Demonstranten, die bereits Montagnacht eine Menschenkette gebildet hatten und sich nicht freiwillig entfernten, in der Früh von der Polizei vom Platz getragen, berichtete das Internetportal "merce.hu".

Parallel zur konstituierenden Sitzung findet nahe dem Parlament eine weitere Demonstration der Organisation "Rundtisch Zivile Opposition" statt. Diese Aktion soll in die um 18.00 Uhr beginnende Großdemonstration "Wir sind die Mehrheit" münden.

Bei der konstituierenden Sitzung legen die 199 Abgeordneten, die bei den Parlamentswahlen - bei denen sich der rechtskonservative Premier Viktor Orban und seine Fidesz-Partei mit 133 Sitzen die Zwei-Drittel-Mehrheit sicherten - am 8. April ein Mandat erhalten haben, den Amtseid ab. Die rechtsnationale Jobbik-Partei ist mit 26, das Wahlbündnis Sozialisten (MSZP) und Dialog (PM) mit 20 Abgeordneten vertreten, die jedoch separate Fraktionen gründen. Die Demokratische Koalition (DK) zieht mit neun, die Grünen LMP mit acht und die Kleinpartei Együtt (Gemeinsam) mit einem Abgeordneten ein. Auch die Landesvertretung der Ungarndeutschen konnte einen Sitz im Parlament gewinnen, in dem es auch einen unabhängigen Abgeordneten gibt.

Regierungskritischen Medien wird Zutritt verweigert

Nach Ablegen des Amtseides läuft der Auftrag der 2014 gebildeten Regierung aus, die ihre Tätigkeit laut Verfassung als geschäftsführende Regierung fortsetzt. Staatspräsident Janos Ader beauftragte erneut Orban mit der Regierungsbildung.

Nach Konstituierung der sieben Fraktionen wird der Parlamentspräsident in geheimer Wahl gewählt. Fidesz hatte im Vorfeld erneut den bisherigen Amtsinhaber Laszlo Köver für den Posten des obersten Parlamentshüters vorgeschlagen. Köver ist es zu verdanken, dass am Parlamentsgebäude keine EU-Fahne weht. Denn Köver hatte 2014 entschieden, das Gebäude nur noch national zu beflaggen.

Die konstituierende Sitzung soll bis 14.00 Uhr andauern. Geladene Gäste und Journalisten durften das Gebäude nur unter besonders strengen Sicherheitsbedingungen betreten, berichtete die Ungarische Nachrichtenagentur MTI.

Für internationale Kritik sorgte, dass regierungskritischen Medien die Berichterstattung über die Sitzung verweigert wurde. Harlem Desir, Beauftragter der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) für die Freiheit der Medien, brachte am Montag seine Besorgnis über das Parlamentsverbot zum Ausdruck. Eine Akkreditierung dürfte nicht für die "Zügelung der kritischen Presse eingesetzt werden".

(APA)

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