Hannah Lessing vom Nationalfonds soll Wiener Kulturstadträtin werden, Peter Pollak neuer Magistratsdirektor.
„Es sind alles politische Menschen. Aber nicht alles zwingend Personen, die jetzt schon ein politisches Mandat eingenommen haben.“ Mit diesen Worten hat der designierte Bürgermeister, Michael Ludwig, die Spekulationen über Quereinsteiger bei der Umbildung der Stadtregierung angeheizt. Denn für sich habe er alle Positionen bereits besetzt, erklärte Ludwig auf die Frage, ob das neue SPÖ-Regierungsteam bereits fix sei.
Nun verdichten sich Hinweise, dass Hannah Lessing, Generalsekretärin des Nationalfonds für Opfer des Nationalsozialismus, in die Wiener Stadtregierung wechselt – als Stadträtin für Kultur- und Wissenschaft. In SPÖ-Kreisen ist zu hören, dass der scheidende Andreas Mailath-Pokorny die 55-jährige Generalsekretärin und Ökonomin dem designierten Bürgermeister vorgeschlagen habe. Und dieser ist seit längerer Zeit dezidiert auf der Suche nach Quereinsteigern, die den Neustart in Wien entsprechend symbolisieren sollen.
Repräsentantin im Komitee der Auschwitz-Stiftung
Mit Lessing würde Ludwig, der Wien als Gegenmodell zur türkis-blauen Bundesregierung positionieren will und Vorstandsmitglied des Vereins der roten Antifaschisten und KZ-Überlebenden ist, ein entsprechendes Zeichen setzen. Vor allem nach (immer wieder auftretenden) antisemitischen Aussagen von FPÖ-Politikern und Vorfällen wie der FPÖ-Liederbuchaffäre in Niederösterreich. Schließlich ist Lessing Repräsentantin für Österreich im Internationalen Komitee der Auschwitz-Stiftung und Vorstandsmitglied im Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes. Und die Tochter aus jüdischem Haus gilt als äußerst fähig, genießt (nicht nur) innerhalb der SPÖ eine hohe Reputation und wurde für ihre Verdienste und ihren Einsatz bereits mehrfach ausgezeichnet.
Auf Twitter kommentierte Lessing diese Gerüchte so: „Einige Leute scheinen mehr über meine berufliche Zukunft zu wissen, als ich selbst.“ Aber wie sagte Ludwig am Montag: Er habe noch nicht mit allen Personen geredet, die er im Team haben möchte.
Dagegen gibt es noch keinen Hinweis, wer das schwierige Ressort Gesundheit und Soziales übernimmt. Peter Hacker, Chef des Fonds Soziales Wien, weigert sich dem Vernehmen nach beharrlich. Ob die EU-Abgeordnete Evelyn Regner Interesse hat (die Expertin für Sozialpolitik ist im ÖGB verankert), ist offen. Falls sich niemand dieses Ressort antun möchte, könnte Ludwig auf Sonja Ramskogler zurückgreifen. Die Psychologin war von 2001 bis 2015 Gemeinderätin im Gesundheits- und Sozialausschuss. Ihre Chancen sollen aber gering sein.
Die rechte Hand des Wiener Bürgermeisters
Nebenbei wird eine Schaltstelle der Stadt neu besetzt – nachdem es ein offenes Geheimnis ist, dass sich Erich Hechtner als Magistratsdirektor zurückzieht. Er soll in der neuen Struktur des reformierten KAV, der als Anstalt öffentliches Recht geführt wird, Aufsichtsratsvorsitzender werden ("Die Presse" berichtete).
Warum die Position als Magistratsdirektor so bedeutend ist? Der MD, wie er intern genannt wird, gilt als einflussreichster Posten im Magistrat. Er ist nicht nur der höchste Beamte Wiens, sondern hält als rechte Hand des Bürgermeisters die Verwaltung am Laufen.
Als Favorit für die Nachfolge gilt Peter Pollak, Direktor des Stadtrechnungshofes (StRH). Der Jurist hat die Erfahrung, seine Kompetenz ist über Parteigrenzen hinweg unumstritten. Als früherer Personalchef der Stadt Wien und Ex-Leiter des Verfassungsdienstes kennt er nicht nur den Magistrat außergewöhnlich gut. Als Chef des Stadtrechnungshofes sind ihm Probleme und Missstände in der Verwaltung bestens bekannt, die der StRH unter seiner Führung am Dienstag wieder einmal aufgedeckt hat.
In dieser Konstellation wäre die Chance für Reformen in der Verwaltung groß – könnte sich ein Magistratsdirektor Pollak doch schwer gegen Reformforderungen stellen, die Stadtrechnungshof-Direktor Pollak energisch gefordert hat.
(Red)