Filmfestival von Cannes: Ohne Netflix, Ohne Selfie, aber mit #MeToo

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Das Filmfestival an der Côte d'Azur ist eröffnet worden, es gibt zwei auffällige Verbote des Leiters Thierry Frémaux - und 21 Filme, die um die Goldene Palme rittern.

Das 71. Filmfestival von Cannes hat begonnen: Regisseur Martin Scorsese und die Schauspielerin und diesjährige Juryvorsitzende Cate Blanchett erklärten am Dienstagabend das Filmfest in Südfrankreich offiziell für eröffnet. "Wir teilen eine Leidenschaft für das Kino", sagte Scorsese. Wegen der Leidenschaft fürs Kino ist übrigens auch Netflix nicht dabei: "Wer Teil der Filmgeschichte werden will, muss durch die Filmtheater gehen", sagt Thierry Frémaux, Leiter der Filmfestspiele. Wettbewerbsfilme müssen drei Jahre (!) vor dem Streaming in französischen Kinos gezeigt werden.

Kann man Netflix so einfach ausblenden? Frémaux wird sich wohl Kritik gefallen lassen müssen. Immerhin arbeiten wunderbare und angesehene Filmemacher für den Streaminganbieter, und aktuell etwa zahlt Netflix für die posthume Fertigstellung des letzten Orson Welles Films "The Other Side of the Wind".

21 Filme im Wettbewerb

Der iranische Regisseur Ashgar Farhadi stellte an der Côte d'Azur seinen Psychothriller "Everybody Knows" vor. Die spanischen Filmstars Penelope Cruz und Javier Bardem spielen in dem Eröffnungsfilm die Hauptrollen. Insgesamt konkurrieren 21 Filme um die Goldene Palme. Die Auszeichnung wird am letzten Tag des Festivals verliehen, am 19. Mai.

Farhadi zeigte sich solidarisch mit seinem Landsmann Jafar Panahi. Dieser durfte nicht aus dem Iran zum Festival reisen - obwohl sein neues Werk dort ebenfalls im Wettbewerb läuft. "Ich habe gemischte Gefühle", sagte Farhadi in einem Interview der Nachrichtenagentur dpa. "Ich bin hier und er nicht."

Er selbst könne sehen, wie sein Film vom Publikum aufgenommen werde. Panahi könne das nicht. "Es ist unfair, dass er nicht hier sein kann. Aber ich bin froh, dass er immer noch arbeitet, dass er noch nicht aufgehört hat." Der iranische Regisseur erhielt 2010 ein 20-jähriges Berufsverbot, drehte seitdem aber immer wieder Filme, die er teilweise ins Ausland schmuggeln ließ.

Blanchett: Zu wenig weibliche Regisseure

"Meine Damen, meine Damen, meine Damen, meine Herren...", grüßte Blanchett zur Eröffnung der ersten Festivals in Cannes seit dem Skandal um Ex-Hollywoodmogul Harvey Weinstein. Blanchett machte kein Geheimnis aus ihrer Unzufriedenheit über die geringe Anzahl weiblicher Regisseure, die sich in diesem Jahr um die Goldene Palme bewerben. "Es sind viele Frauen in der Jury, aber ich wünschte mir, es wären mehr im Wettbewerb", sagte sie einem französischen Radiosender. In der Jury sind fünf Frauen und vier Männer vertreten.

Das Festival steht in diesem Jahr im Zeichen der #MeToo-Debatte um sexuelle Übergriffe in der Filmbranche. Auch in Frankreich hatte die Affäre um den früheren Hollywood-Produzenten Weinstein hohe Wellen geschlagen. Rund hundert Frauen werfen Weinstein Belästigung oder Vergewaltigung vor. Mehrere der Fälle sollen sich in Cannes ereignet haben.

FRANCE-CANNES-FILM-FESTIVAL
FRANCE-CANNES-FILM-FESTIVALAPA/AFP/ALBERTO PIZZOLI

Zehn Regisseure sind zum ersten Mal bei dem Festival vertreten. Dazu gehören etwa der Japaner Ryusuke Hamaguchi, die Libanesin Nadine Labaki oder die Französin Eva Husson. Auch Filme der regierungskritischen Regisseure Jafar Panahi aus dem Iran und des Russen Kirill Serebrennikow laufen im Wettbewerb.

Selfie-Verbot

Am roten Teppich drängten sich am Dienstag wie gewohnt die Fotografen - etwa um das Glamour-Paar Cruz-Bardem nicht zu verpassen. Selfies waren in diesem Jahr auf dem roten Teppich allerdings verboten.

(APA/red.)

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