Beate Meinl-Reisinger: Pinke Pionierin mit schwarzer Vergangenheit

"Ich habe die Schnauze voll gehabt": So erklärte Beate Meinl-Reisinger im Jänner 2013 ihren Bruch mit der etablierten Politik - in diesem Fall der ÖVP - und ihre Kandidatur für die damals erst wenige Monate alten Neos. Im Juni 2018, mehr als fünf Jahre später, trat sie die Nachfolge von Neos-Gründer, -Parteichef und –Klubobmann Matthias Strolz an.
Ein Blick auf den Werdegang der forschen Neu-Vierzigerin.

Dass sie bei Wahlen reüssieren kann, hat die Mutter von zwei Kindern schon bewiesen. Trotz einer für die Neos ungünstigen Stimmungslage führte sie die Partei 2015 mit 6,16 Prozent sicher in den Wiener Landtag. Bei der vergangenen Nationalratswahl im Oktober 2017, als sie die Landesliste anführte, holte sie 6,46 Prozent, bundesweit erhielten die Pinken 5,3 Prozent.
Dabei wollte die Juristin, die zum Gründungsteam der Neos zählt, anfangs nur im Hintergrund arbeiten. Den Entschluss für eine Kandidatur bei der Nationalratswahl 2013, wo sie auf der Bundesliste den dritten Platz und die Partei 4,96 Prozent erhielt, fasste sie erst kurz vor dem Urnengang.

Die – bis zum Rücktritt ihres Chefs Matthias Strolz – als stellvertretende Bundesparteivorsitzende agierende Wienerin, war jahrelang im schwarzen Lager politisch beheimatet. Nach einem Traineeprogramm in der Wirtschaftskammer werkte sie ab 2005 als Assistentin für den EU-Abgeordneten Othmar Karas (ÖVP) in Brüssel. Nach einem erneuten WK-Intermezzo wechselte sie 2007 als Referentin zur damaligen Staatssekretärin Christine Marek (ÖVP).

Als Marek 2009 nicht allzu freiwillig die Nachfolge des bisherigen Landesparteichefs Johannes Hahn, der als Regionalkommissar nach Brüssel übersiedelt war, antrat, folgte ihr Meinl-Reisinger ins Rathaus. Obwohl nicht Teil des Strategieteams, erlebte die Weggefährtin dort den parteiintern durchaus umstrittenen Wahlkampf Mareks für die Landtagswahl 2010 hautnah mit. Und auch die loyale Referentin war mit dem ausbaldowerten Law-and-Order-Kurs für die eigentlich als liberal geltende Ex-Staatssekretärin und den "Geilomobil"-Touren des damaligen JVP-Chefs Sebastian Kurz alles andere als glücklich.

Als sie laut anmerkte, dass nicht zuletzt deshalb niemand aus ihrem Freundeskreis die Wiener ÖVP wähle, bekam sie zur Antwort, dass sie halt nur liberale Freunde habe. Der logische nächste Schritt: Fast zeitgleich mit Mareks kommunalpolitischer (Selbst-)Demontage bzw. ihrer Rückkehr ins Parlament 2012 kehrte Meinl-Reisinger den Schwarzen den Rücken - und wandte sich der Gründung der Neos zu.

Meinl-Reisinger, die lange auch der Schauspielerei zugetan war, werkte seither als pinke Justiz-, Familien- und Kultursprecherin, außerdem als Vizeparteichefin. Ende April 2014 wurde sie außerdem zur Landessprecherin der Wiener Neos gekürt.

Als Lieblingsbuch nennt die 40-Jährige "Erklärt Pereira" des italienischen Autors Antonio Tabucchi. Zu ihrer bevorzugten Musik gehört - neben Klassik, Georg Kreisler oder den Beatles - auch das heimische Popwunder Wanda.

Eine Textzeile aus deren Hit "Amore" haben die Neos - ohne zu fragen - einmal paraphrasiert: "Wenn jemand fragt, wofür du stehst, sag für Start-ups." Die Antwort von Wanda-Frontmann Marco Michael Wanda kam postwendend: "Wenn das noch einmal jemand versucht, klagen wir ihn in die Hölle."