Die deutsche Kanzlerin ruft Israel und den Iran zur Zurückhaltung auf. In der Nacht hatte Israel mit massiven Vergeltungsschlägen auf Angriffe iranischer Revolutionsgarden auf israelische Stellungen reagiert.
Deutschlands Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sieht in der gefährlichen Eskalation des Konflikts zwischen Israel und dem Iran eine Frage von Krieg und Frieden. "Die Eskalationen der vergangenen Stunden zeigen uns, dass es wahrlich um Krieg und Frieden geht", sagte Merkel am Donnerstag bei der Zeremonie zur Verleihung des Karlspreises an den französischen Präsidenten Emmanuel Macron in Aachen. Sie bezeichnete die Lage als "extrem kompliziert" und rief alle Beteiligten zur "Zurückhaltung" auf. Auch Russland bezeichnete die Geschehnisse "sehr beunruhigend".
Israels Luftwaffe hatte in der Nacht mit massiven Vergeltungsschlägen auf Angriffe iranischer Revolutionsgarden auf israelische Militärposten reagiert. Die Quds-Brigade, die Eliteeinheit der iranischen Revolutionsgarden, habe 20 Raketen auf die Golanhöhen abgefeuert, sagte der israelische Armeesprecher Jonathan Conricus. Es wären die ersten Angriffe dieser Art seit Beginn des Krieges in Syrien gewesen, sagte Conricus. Israels Luftwaffe habe daraufhin mehr als 50 iranische Militärziele in Syrien angegriffen.
Die israelischen Luftangriffe - nach russischen Angaben setzte Israel 70 Raketen ein - richteten sich gegen syrische Militäreinrichtungen und iranische Stellungen in Syrien. Israels Außenminister Avigdor Lieberman sagte, Israel habe fast die komplette iranische Infrastruktur in Syrien getroffen. Hingegen sei keine der iranischen Raketen auf israelisch kontrollierten Gebieten eingeschlagen. Sie seien entweder fehlgegangen oder von der israelischen Abwehr abgeschossen worden.
Israel hatte die Golanhöhen im Grenzgebiet zwischen Israel und Syrien 1967 infolge des Sechs-Tage-Kriegs erobert und den größten Teil des Plateaus später annektiert.
"Müssen auf jedes Szenario vorbereitet sein"
Bei dem Angriff seien mindestens 23 Kämpfer getötet worden, erklärte die oppositionsnahe Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte nach den Angriffen in der Nacht auf Donnerstag. Die Beobachtungsstelle bezieht ihre Informationen aus einem Netz von Aktivisten an Ort und Stelle, ihre Angaben können von unabhängiger Seite kaum überprüft werden.
Geheimdienste hatten vor einem iranischen Vergeltungsangriff auf Israel gewarnt. Hintergrund war ein Luftangriff, bei dem am 9. April in Syrien sieben iranische Militärangehörige getötet worden waren. Syrien und der Iran machen Israel dafür verantwortlich. Israelische Medien hatten berichtet, der Angriff habe einer wichtigen Basis der iranischen Revolutionsgarden gegolten. "Wir haben kein Interesse an einer Eskalation, aber wir müssen auf jedes Szenario vorbereitet sein", sagte Lieberman. Er sagte, es handle sich um einen punktuellen Konflikt Israels mit den iranischen Quds-Brigaden. "Alle wollen den Konflikt genau auf dieses Karree beschränken."
Teheran ist neben Russland und der libanesischen Schiitenmiliz Hisbollah wichtigster Verbündeter des syrischen Staatschefs Bashar al-Assad. Israel hat immer wieder betont, man werde eine dauerhafte militärische Präsenz des iranischen Erzfeinds im Nachbarland Syrien nicht dulden. Der jüdische Staat wird für vorherige Luftangriffe in Syrien verantwortlich gemacht, bei der auch Iraner getötet wurden. Teheran drohte Israel mit Vergeltung, deshalb war die israelische Armee zuletzt in erhöhter Alarmbereitschaft.
Brisanz durch Aufkündigung des Atom-Deals
Brisanz erhielt das Verhältnis zwischen dem Iran und Israel zuletzt auch durch die Aufkündigung des Iran-Atomdeals durch die USA. Präsident Donald Trump hatte am Dienstag bekanntgegeben, dass die USA nicht länger an dem 2015 von sechs Ländern mit dem Iran ausgehandelten Atomabkommen festhalten wollen. Die ausgesetzten Sanktionen würden nun sehr schnell wieder eingeführt. Während die anderen Unterzeichner-Staaten - neben Russland, China, Großbritannien und Frankreich auch Deutschland - und andere europäischen Länder die Entscheidung kritisierten, zeigte sich Israel darüber sehr erfreut.
(APA/Reuters/AFP/dpa)