Fehlende ÖBB-Reformen kosten 500 Mio. Euro

Symbolbild.
Symbolbild.(c) APA/ROBERT JAEGER (ROBERT JAEGER)
  • Drucken

2015 gab der Rechnungshof sechs ganz klare Einsparungsempfehlungen für die ÖBB-Pensionen. Das Infrastrukturministerium setzte aber nur eine davon um. Das verursacht Mehrkosten von einer halben Milliarde Euro.

Wien. Schmecks. Dieses Wort kommt einem beim Lesen des Rechnungshof-Berichts zu den ÖBB-Pensionen, der am Freitag veröffentlicht worden ist, in den Sinn. Denn der Bericht ist eine sogenannte Follow-up-Prüfung, bei der untersucht wird, ob Empfehlungen aus der Vergangenheit umgesetzt worden sind. Konkret geht es dabei um sechs ganz klare Einsparungsempfehlungen aus dem April 2015, die der Rechnungshof damals dem für die ÖBB zuständigen SPÖ-Infrastrukturministerium machte. Und mit einer Ausnahme muss der Rechnungshof dabei jedesmal trocken feststellen: „Das Ministerium setzte die Empfehlung nicht um.“

Was die Untätigkeit des Ministeriums die Steuerzahler kostet, wird vom Rechnungshof ebenfalls genau vorgerechnet. So heißt es: „Die Nichtumsetzung der RH-Empfehlungen durch das Ministerium führte dazu, dass vom errechneten Einsparungspotenzial in der Höhe von rund 920 Mio. Euro (Geldwert 2013) bzw. 1070 Mio. Euro (Geldwert 2017) Mitte 2017 bereits rund 500 Mio. Euro (Geldwert 2017) nicht mehr realisiert werden können.“ Mit anderen Worten: Weil das Ministerium auf den Bericht von vor drei Jahren einfach nicht reagierte, müssen die Steuerzahler in den kommenden Jahren um eine halbe Milliarde Euro für ÖBB-Pensionisten mehr bezahlen, als notwendig gewesen wäre.

Weniger Pensionisten, mehr Pension

Die Bahn-Pensionisten verursachen für den Staat jedes Jahr Kosten in Milliardenhöhe, wie der Rechnungshof weiter aufzeigt. So ist die Zahl der Bezieher einer ÖBB-Beamtenpension von 2008 bis 2016 zwar von 72.693 auf 64.234 gesunken. Die Ausgaben für diese Pensionen stiegen im selben Zeitraum allerdings von 1,934 auf 2,042 Mrd. Euro an – ein Plus von 5,6 Prozent. Da es immer weniger aktive ÖBB-Beamten gibt, führte das dazu, dass der Nettopensionsaufwand (nach Abzug der Beiträge von ÖBB, aktiven Eisenbahnern und Pensionisten) für den Bund sogar um 9,2 Prozent auf 1,66 Mrd. Euro anstieg. In Summe sei der „Eigendeckungsgrad“ der ÖBB-Pensionen „deutlich geringer“ als etwa bei den Bundesbeamten, so der Rechnungshof.

Deshalb empfahlen die Prüfer vor drei Jahren mehrere konkrete Einsparungsmaßnahmen. So sollte etwa der von den ÖBB-Pensionisten zu zahlende Pensionssicherungsbeitrag, der laut bisheriger gesetzlicher Regelung von 5,8 Prozent im Jahr 2004 auf 3,5 Prozent im Jahr 2020 sinkt, auf dem Wert von 2014 (4,27 Prozent) eingefroren werden. Gleichzeitig sollten steigende Pensionsbestandteile – etwa die sogenannte Nebengebührenzulage – ebenfalls nicht mehr weiter erhöht werden. All das hätte in Summe bis zum Jahr 2050 eine Einsparung von rund einer Milliarde Euro gebracht.

In der Stellungnahme des Ministeriums heißt es dazu, dass es seit 1995 ohnehin keine neuen Beamten bei den ÖBB mehr gebe, alle seither eingestiegenen Eisenbahner unterliegen dem ASVG. Und aufgrund des Vertrauensschutzes wolle man in die bestehenden Pensionsregelungen nicht eingreifen. Eine Novelle des entsprechenden Gesetzes sei nach wie vor nicht geplant. Allerdings erklärte das seit dem Regierungswechsel nicht mehr von einem SPÖ-Minister geführte Ministerium auch, dass die Empfehlungen des Rechnungshofes „in das Gesamtkontext der im Regierungsprogramm festgehaltenen Prüfung“ der Pensionsbedingungen bei staatsnahen Betrieben einfließen sollen.

Ob diese „Prüfung im Gesamtkontext“ einen Teil der nach wie vor möglichen Einsparung von gut 570 Mio. Euro retten kann, wird sich wohl erst bei der nächsten Follow-up-Prüfung des Rechnungshofs zeigen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 12.05.2018)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Konzernchef Andreas Matthä.
Österreich

Auch ÖBB profitieren von der Hochkonjunktur

Dank des starken Wachstums konnte die Staatsbahn 2017 sowohl im Personen- als auch im Güterverkehr zulegen. Unter dem Strich blieb davon aber wenig übrig. Erstmals seit Langem erhöhten die ÖBB ihren Mitarbeiterstand deutlich.
Unternehmen

ÖBB schreiben fünf Managerposten aus

Die Bahn sucht in der ersten Ausschreibung unter Türkis-Blau Vorstände für den Personenverkehr, die Produktion und den Postbus.
ÖBB-Chef Andreas Matthä: "Wir haben das zweitbeste Ergebnis in der Geschichte der ÖBB erwirtschaftet"
Unternehmen

Mehr Umsatz und Gewinn für die ÖBB

Die ÖBB sind 2017 bei Umsatz und Ergebnis auf Schiene geblieben.
++ HANDOUT ++ STAATSBESUCH IN CHINA: GROSSER BAHNHOF IN CHENGDU - ERSTER GUeTERZUG NACH WIEN FUHR AB: VAN DER BELLEN
Österreich

ÖBB: Sieben Güterzüge pro Woche zwischen China und Österreich

Bundespräsident Van der Bellen hat in Chengdu den ersten Güterzug verabschiedet, der sich auf den Weg nach Wien machte. Die Route soll in Zukunft verstärkt befahren werden.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.