Blaumann statt Nadelstreif: Die neue Welt der Berater

Je mehr Automatisierung, desto mehr Daten in der Produktion. Aber wer kann sie analysieren und zur Optimierung nutzen? In diese Lücke dringen nun die großen Unternehmensberater vor.
Je mehr Automatisierung, desto mehr Daten in der Produktion. Aber wer kann sie analysieren und zur Optimierung nutzen? In diese Lücke dringen nun die großen Unternehmensberater vor. REUTERS
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Die Branche der Unternehmensberater ist im Umbruch. Zu ihrer Goldgrube wird die digitalisierte Fabrik. Das zwingt die Berater erstmals dazu, die Produkte ihrer Klienten zu verstehen.

Es rauscht, es rattert, es pfeift. Arbeiter bedienen die Anlagen, ein Maschinenführer eilt durch die Werkshalle. Schritt für Schritt nimmt das Elektromoped, das man hier zusammenbaut, an der Montagelinie Gestalt an. Das alles sieht aus wie eine Fabrik, riecht nach Fabrik und klingt nach Fabrik. Seltsam nur, dass der E-Roller am Ende fein säuberlich in seine Einzelteile zerlegt wird und die ganze Prozedur von vorn losgeht. Und noch seltsamer, dass daneben eine zweite Linie steht, deren Protagonist eine dunkle, zähe Flüssigkeit ist. Schmieröl? Nein, Schokolade. Denn hier werden Pralinen hergestellt. Scooter und Süßes, eine seltsame Kombination. Einmal geht es um Montage, einmal um den Prozess. Es dämmert uns: Was es hier in Saclay an der Peripherie von Paris zu sehen gibt, ist keine normale Fertigung. Und tatsächlich: Geplant, gebaut und in Betrieb genommen hat die Testfabrik ganz in Eigenregie die Boston Consulting Group (BCG) – eine der großen, weltweit tätigen Unternehmensberatungen.

Kecke Schlagworte.
Berater? Sind das nicht diese smarten Typen im gediegenen grauen Anzug, die sich in den Büropalästen großer Unternehmen breitmachen? Die verschreckte Sachbearbeiter mit der heuchlerischen Höflichkeit von Inquisitoren bei der gütlichen Befragung zu ihren Aufgaben interviewen? Und dann dem beschämten Management in einschüchternden Präsentationen erklären, dass sie auf fünf, zehn oder gar 15 Prozent ihrer Mannschaft gut verzichten könnten? Ganz egal, ob es sich bei diesem Klischee um ein böses Zerrbild oder ein getreues Abbild handelt: Es ist nicht mehr ganz aktuell. Denn die Branche ist im Umbruch. Die Digitalisierung hat ihr ein neues Betätigungsfeld eröffnet.

Vor allem in der Industrie, die nun den verheißungsvollen Zusatz „4.0“ erhält. Die Millionen an Mehrertrag, die Berater versprechen, stecken nicht mehr so sehr in ineffizienten Abläufen der Verwaltung, sondern in den Maschinen – weniger Wartung, kürzere Stehzeiten, weniger Ausschuss, aber dafür mehr Ausstoß. Wo es hakt, wo es ein unerkanntes Potenzial gibt, das erfassen Sensoren und erkennen Algorithmen. Am besten solche, die von selbst dazulernen: Künstliche Intelligenz ist das kecke Schlagwort.

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