Die Störaktionen der Identitären

Eine Gruppe rund um den damals 23-jährigen Studenten Martin Sellner (rechts im Bild) gründet im Oktober 2012 die „Identitäre Bewegung Österreich". Sie sehen sich als „Verein zur Erhaltung und Förderung der kulturellen Identität“, wie es im Vereinsregister heißt. Das Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstands (DÖW) stuft die Bewegung als
rechtsextrem ein. Auch das Bundesamt für Verfassungsschutz warnte bereits vor deren radikalen Aktionen. Im Mai 2018 wurden deswegen etliche Mitglieder und Sympathisanten wegen Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung angeklagt - und freigesprochen.
Text: Teresa Wirth

Die Identitären fühlen sich als "europäische Ureinwohner" und treten für einen „Ethnopluralismus“, dem Nebeneinander der Völker ein. Das europäische Volk sehen sie durch Zuwanderung, insbesondere von Muslimen, gefährdet. Mit Störaktionen haben sie in der Vergangenheit wiederholt auf sich aufmerksam gemacht und Bilder dieser Aktionen im Internet verbreitet.

Im Februar 2013 dringen rechte Aktivisten der Bewegung in die zu diesem Zeitpunkt von Asylwerbern besetzte Wiener Votivkirche. Sie wollen die Kirche ebenfalls besetzen, so lange bis die Flüchtlinge aufgeben. Die Aktion dauert letztlich aber nur wenige Stunden.

Im November 2015 rufen die Identitären unter dem Motto "Grenzen dicht" zu einer Demonstration beim steirischen Grenzübergang Spielfeld auf. 450 Menschen nehmen teil. In Spielfeld hatten in den Wochen davor tausende Flüchtlinge die Grenze überquert.

Am 6. April 2016 klettern mehrere Identitäre auf das Dach eines Hauses in Graz, in dem sich das Büro der steirischen Grünen befindet (im Bild eine Aufnahme der Identitären). Die Aktivisten hängen ein 16 Meter breites Transparent mit der Aufschrift "Islamisierung tötet" auf und übergießen es mit Theaterblut.

Rund 40 Identitäre stören am 14. April 2016 eine Aufführung des Elfriede-Jelinek-Stücks "Die Schutzbefohlenen" im Audimax der Wiener Universität. Sie stürmen die Bühne, verspritzen Kunstblut und entrollen Transparente und Fahnen. Zehn Aktivisten werden später wegen Besitzstörung verurteilt. Von Vorwurf der Körperverletzung sowie Störung einer Versammlung werden sämtliche Angeklagten freigesprochen.

Zwei Wochen später wird erneut gegen das Stück „Die Schutzbefohlenen“ protestiert, diesmal aufgrund einer Aufführung im Burgtheater (im Bild eine Aufnahme der Identitären). Fünf Identitäre enthüllen am Dach des Wiener Burgtheaters ein Transparent und werfen Flugblätter ab.

Zehn teils verkleidete Männer stürmen im Juni 2016 eine Vorlesung über Asyl und Migration an der Universität Klagenfurt (im Bild eine Aufnahme der Identitären). Sie verteilen Flugblätter mit der Aufschrift „Integration ist eine Lüge“ und inszenieren im Hörsaal eine Steinigung.

Am 12. Juni desselben Jahres sammeln sich etwa 1000 Anhänger der rechtsextremen Identitären zu einer Demonstration in Wien. Linke Gruppierungen rufen zu einer Gegendemonstration auf, bei der ebenfalls etwa 1000 Menschen teilnehmen. Beim Aufeinandertreffen der Demo-Züge kommt es zu Ausschreitungen gekommen. Die Polizei schreitet ein und setzte Pfefferspray gegen beide Seiten ein.

Mitglieder der Identitären Bewegung aus Österreich, Frankreich, Italien, Deutschland und der Schweiz chartern im Sommer 2017 ein Schiff, um damit Migranten auf dem Mittelmeer aufzuhalten und NGO-Schiffe zu stoppen. Die sogenannte Mission "Defend Europe" missglückt: Das Schiff gerät in Seenot, ausgerechnet das Boot einer Flüchtlings-NGO kommt ihnen zu Hilfe.

Die Staatsanwaltschaft Graz erhob im Mai letzten Jahres Anklage gegen führende Mitglieder der Identitären und einige Sympathisanten. Insgesamt 17 Personen mussten sich wegen Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung verantworten, es ging unter anderem um die Aktionen in Graz und Klagenfurt. Auch wegen Verhetzung, Sachbeschädigung und Nötigung waren einige der Personen angeklagt. Am 26. Juli werden die 17 Angeklagten von den Vorwürfen der MItgliedschaft einer kriminellen Vereinigung und der Verhetzung freigesprochen.

Im März 2019 kommt die Identitäre Bewegung erneut in die Schlagzeilen, als bekannt wird, dass der Attentäter von Christchurch, der in Neuseeland 49 Menschen getötet hat, an Martin Sellner, den Gründer der rechtsextreme Organisation gespendet hat. Gegen Sellner läuft nun ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung. Die Regierung verkündete, die Auflösung der Identitäten zu prüfen.