Letzte Chance für eine „Große Koalition der Populisten“ in Rom

(c) REUTERS (TONY GENTILE)
  • Drucken

In Italien streiten Lega und Grillini über das Regierungsprogramm.

Rom/ Wien. Nachspielzeit für die zähen italienischen Regierungsverhandlungen: Bis nächsten Montag haben jetzt die ausländerfeindliche Lega und die radikale Fünf-Sterne-Bewegung Zeit, um sich auf eine gemeinsame Regierung zu einigen. Diese letzte Chance gibt ihnen Staatspräsident Sergio Mattarella, den die Chefs der beiden Parteien Montagabend aufsuchten. Scheitern die Verhandlungen, wird Mattarella entweder gleich Neuwahlen ausrufen oder eine Expertenregierung einsetzen.

Am Wochenende noch schien die „Große Koalition“ der Populisten auf Schiene zu sein: Das Regierungsprogramm sei fixiert, es fehle nur der Name des Premiers, hieß es. Montagabend sah die Lage dann nicht mehr ganz so rosig aus: Einen Regierungschef hatten Lega-Chef Matteo Salvini und Fünf-Sterne-Vorsitzender Luigi Di Maio immer noch nicht gefunden. Und plötzlich war man sich auch nicht mehr einig beim Regierungsprogramm, an dem auch gestern gefeilt wurde.

Vor allem die Lega legt sich quer: Unter anderem spießt es sich nach Angaben der Rechtspopulisten beim Thema Migration. Die Partei fordert „Massenausweisungen“ von illegalen Einwanderern, die Fünf-Sterne-Bewegung hingegen will Menschenrechtsstandards einhalten. Zudem bevorzugt sie bilaterale Verträge mit Herkunftsländern. Matteo Salvini pocht jetzt darauf, dass seine Partei im Falle einer Regierungsbeteiligung „freie Hand“ in der Migrationspolitik bekommt.

Uneinigkeit herrscht offenbar auch bei EU-Themen. Da zeigt die Lega plötzlich wieder die Zähne. Man werde die Maastricht-Defizitgrenze von Drei-Prozent zumindest ausreizen, hieß es gestern. Tatsächlich braucht das hochverschuldete Italien Geld, um die teuren Regierungspläne zu finanzieren: Lega und Fünf-Sterne planen eine Flat Tax und ein Grundeinkommen.

Warnungen aus Brüssel

In Brüssel blickt man besorgt auf diese Vorhaben: Valdis Dombrovskis, Vizepräsident der EU-Kommission, warnte die künftige Regierung in Rom, am Schuldenabbau festzuhalten. Sein Kollege, EU-Innenkommissar Dimitris Avramopoulos, hofft, dass es in Rom zu keiner Wende in Sachen Migrationspolitik kommt. Salvini quittierte die beiden Mahnungen als „unzulässige Einmischung“ durch EU-Technokraten.

Unklar ist, was die Lega zur plötzlichen Blockadehaltung bewogen hat. Möglicherweise steckt Silvio Berlusconi dahinter, den Salvini Montag aufsuchte. Der mächtige Partner Salvinis macht kein Geheimnis daraus, dass er von einer Koalition mit den Grillini nichts hält. Und der Lega-Chef weiß, dass er ohne den Segen des 81-jährigen Ex-Premiers, der große Teile der Medien kontrolliert, nichts bewirken kann. (basta.)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.05.2018)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Die Hochzeit der Populisten: So sieht dieser Künstler die neue „Union“ zwischen Lega-Chef Matteo Salvini und Fünf-Sterne-Vorsitzendem Luigi Di Maio.
Außenpolitik

Regierungsprogramm: Ein kostspieliges Zukunftsprojekt für Italien

„Grillini“ und Lega planen hohe Ausgaben, Revision von EU-Verträgen und Annäherung an Russland.
Lega-Vorsitzender Matteo Salvini und Fünf-Sterne-Chef Luigi Di Maio
Außenpolitik

Tag der Entscheidung: Bekommt Italien neue Regierung?

Die Populisten der Fünf-Sterne-Bewegung und die rechte Lega einigten sich auf ein Regierungsprogramm. Wer wird neuer Premier?

Die rechte Lega und die populistische Fünf-Sterne-Bewegung wollen dem italienischen Staatspräsidenten, Sergio Mattarella, die Ergebnisse ihrer Regierungsverhandlungen präsentieren und Namen nennen.
Außenpolitik

Italiens hektische Suche nach einer Regierung

Lega und Fünf-Sterne-Bewegung haben sich nun doch auf ein Regierungsprogramm einigen können. Am Montag müssen sie Präsident Mattarella den Namen des Premiers nennen.
COMBO-FILES-ITALY-POLITICS-GOVERNMENT-PARTIES
Außenpolitik

Lega und Fünf-Sterne-Bewegung einigen sich auf Programmentwurf

Beide Gruppierungen drängen auf ein Gesetz zur Bekämpfung von Interessenskonflikten in der Politik und Korruption und eine Reduzierung des Steuerdrucks.
Luigi Di Maio und Matteo Salvini versuchen eine Regierung zu schmieden.
Außenpolitik

Italiens ungewöhnliche Koalition macht "Schritt nach vorne"

Die Regierungsverhandler von Fünf-Sterne-Bewegung und der Lega sind optimistisch. Es werde ein "Vertrag mit den Italienern im Mittelpunkt".

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.