Hofer rechtfertigt Ceta-Zustimmung: "FPÖ hat Kompromiss ermöglicht"

Infrastrukturminister Norbert Hofer (FPÖ) und Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck (ÖVP)
Infrastrukturminister Norbert Hofer (FPÖ) und Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck (ÖVP)APA/ROLAND SCHLAGER
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In der Opposition wetterte die FPÖ gegen das Abkommen, nun wird betont: Man sei an das Regierungsabkommen mit der ÖVP gebunden. Letztere lobt das "sichere" Konstrukt.

Die Regierung hat am Mittwoch im Ministerrat das EU-Kanada-Freihandelsabkommen Ceta auf den Weg gebracht. FPÖ-Regierungskoordinator Norbert Hofer verteidigte den Meinungsumschwung der Freiheitlichen, die als Oppositionspartei stets gegen Ceta gewettert hatten. Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck (ÖVP) betonte, "es ist ein sicheres und hochqualitatives Abkommen".

Hofer räumte ein, dass er als Bundespräsidentschaftskandidat gegen Ceta aufgetreten ist, und erklärte seine Haltungsänderung am Mittwoch damit, dass bei der "Richtungsentscheidung" die Mehrheit letztlich für Alexander Van der Bellen gestimmt habe, der für das Handelsabkommen war. Außerdem sei man ans Koalitionsabkommen mit der ÖVP gebunden: Die Zustimmung zu Ceta sei für die Volkspartei entscheidend für eine Zusammenarbeit gewesen. "Bei diesem Punkt hat die FPÖ einen Kompromiss möglich gemacht, und zu dem stehen wir."

Gesichtsverlust? "Gesicht ist noch immer vorhanden"

Einen Gesichtsverlust vor den freiheitlichen Wählern kann Hofer nicht erkennen: "Mein Gesicht ist noch immer vorhanden." Die Bedenken, die man vor zwei Jahren gehabt habe, seien zu wesentlichen Teilen ausgeräumt, meinte Hofer etwa mit Blick auf Umwelt- und Sozialstandards.

Vor dem Bundeskanzleramt protestierten während der Regierungssitzung neben den Aktivisten von Greenpeace, die angekettet mit Stahlketten den Haupteingang des Kanzleramtes blockierten, zahlreiche weitere Aktivisten gegen das Abkommen. Vertreter des Bündnisses "anders handeln" kritisierten das Vorhaben und appellierten vor allem an die Abgeordneten der FPÖ, im Parlament die Zustimmung noch zu verweigern. So erklärte etwa Alexandra Strickner von Attac Österreich, die FPÖ habe sich vor der Wahl gegen Ceta positioniert, um Stimmen zu gewinnen, jetzt aber bediene die Partei "offensichtlich die Interessen von Konzernen". Wie auch Vertreter von GLOBAL 2000 oder Greenpeace äußerte Strickner die Hoffnung, dass Abgeordnete der Freiheitlichen bei der Abstimmung im Parlament ihre Meinung noch ändern.

Schieder: "Strache ist hier umgefallen, total"

Unter die Demonstranten mischte sich auch SPÖ-Klubobmann Andreas Schieder, der einmal mehr seinen Ärger kundtat. "Die FPÖ, Heinz-Christian Strache persönlich, ist hier umgefallen, total", sagte er. Die SPÖ habe immer gesagt, wenn das Freihandelsabkommen in dieser Form komme, werde man es nicht ratifizieren.

Die Wirtschaftsministerin konterte mit einem Seitenhieb auf die SPÖ - einem Zitat von Parteichef und Ex-Kanzler Christian Kern von 2016: Ceta sei "wahrscheinlich das beste Handelsabkommen, das die EU je abgeschlossen hat". Sie schließe sich "voll inhaltlich an", erklärte Schramböck. Es sei wichtig, neue, hochwertige Partnerschaften abzuschließen. Ceta "hält die hohen Standards und bietet Chancen für die Wirtschaft", bekräftigte sie. Europäische Standards seien sichergestellt, man habe zuletzt "weder Chlorhühner bei uns entdeckt, noch eine Ahornsirupschwemme bei uns gehabt".

Unter die Demonstranten mischte sich auch SPÖ-Klubobmann Andreas
Unter die Demonstranten mischte sich auch SPÖ-Klubobmann Andreas APA/GEORG HOCHMUTH

Außenministerin Karin Kneissl (FPÖ), die formal für völkerrechtliche Verträge zuständig ist, erklärte die Zustimmung der Freiheitlichen ebenfalls damit, dass dies eine der wesentlichen Bedingungen der ÖVP für die Koalition gewesen sei, "vielleicht sogar eine Conditio sine qua non". Nicht so gerne über Ceta reden wollte FPÖ-Verteidigungsminister Mario Kunasek. Beim Handelsabkommen seien einige Giftzähne gezogen worden, verwendete er den Ausdruck des blauen Klubchefs Walter Rosenkranz, "wir halten uns ans Regierungsprogramm", meinte er lediglich.

Die Blockade des Kanzleramts-Haupteinganges wurde durch Greenpeace nach Ende der Regierungssitzung freiwillig beendet. Die Kampagne gehe aber weiter, es sei unerfreulich, was passiert ist, sagte ein Sprecher.

(APA)

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