ORF: Steger über böse Blicke, Drohkulissen und Wrabetz

Alexander Wrabetz muss sich offenbar nicht vor Norbert Steger fürchten.
Alexander Wrabetz muss sich offenbar nicht vor Norbert Steger fürchten.ORF
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Der neu gewählte Stiftungsratschef mahnt die ORF-Mitarbeiter. Sie sollen etwa mit Kritik sparen, etwa an Wrabetz, einem "unglaublich gescheiten Generaldirektor".

Wie erwartet wurde Norbert Steger am Donnerstag zum Vorsitzenden des Stiftungsrats gewählt, es gab neun Gegenstimmen in dem 35-köpfigen Gremium. Über die deutliche Mehrheit zeigte er sich sehr erfreut: "Viel mehr Stimmen, als ich gedacht habe", sagte er nach der Sitzung im Gespräch mit Journalisten. Der Stiftungsrat ist das oberste ORF-Aufsichtsgremium und wird für vier Jahre bestellt. Er bestellt unter anderem alle fünf Jahre den Generaldirektor, genehmigt Finanz- und Stellenpläne. Der Vorsitzende des Rats, nunmehr Steger, hat besonderes Gewicht: Bei Stimmengleichstand entscheidet sein Votum. 

Er wolle "Konsensvorsitzender" werden, meinte der ehemalige Vizekanzler und FPÖ-Chef, ließ es sich zugleich aber nicht nehmen, einmal mehr mahnende Worte Richtung ORF-Journalisten zu richten: "Die ORF-Mitarbeiter sollten verstehen, dass wir versuchen, einen modernen, neuen ORF zu machen", sagte Steger. Gefragt nach den Schwerpunkten seiner Funktionsperiode, nannte er es als ein Anliegen, "dass man aufhört, als Mitarbeiter, zum Beispiel öffentlich den Generaldirektor zu kritisieren". Er "nenne keine Namen", sagte er auf Nachfrage, und ergänzte: "Auch der Stiftungsrat wurde mehrfach kritisiert."

Drohkulissen? "Ich finde, es hat schon gewirkt"

Die Anmerkung eines Journalisten, er habe in der Vergangenheit "Drohkulissen" gegen die ORF-Redaktion aufgebaut, widersprach Steger nicht direkt. "Ich finde, es hat schon gewirkt", meinte er vielmehr. Und erinnerte selbst daran, dass er vor einigen Monaten beklagt hatte, "ZiB 2"-Moderator Armin Wolf schaue unwirsch drein, wenn ihm ein FPÖ-Politiker gegenübersitze. "Er schaut gar nicht mehr böse", lobte Steger den Anchorman nun. Was die ORF-Auslandskorrespondenten betreffe, seien diese ein "Asset", müssten aber "Bericht und Meinung trennen". Ob es dem Stiftungsratsvorsitzenden zustehe, solche Forderungen aufzustellen, bejahte Steger: "Ich bin schon der Meinung, dass ein Aufsichtsrat auf Fehlentwicklungen aufmerksam machen muss." Als "Oberzensor" wolle er aber nicht auftreten.

Ein "idealer ORF wäre für mich mehr Akzeptanz bei den Menschen", erklärte Steger weiter. Dann hätte der ORF seiner Ansicht nach auch weniger finanziellen Legitimierungsbedarf: "Momentan ist großer Druck vorhanden, dem ORF Geld wegzunehmen." Ob sich der Öffentlich-rechtliche künftig weiter aus Gebühren oder aber aus dem Bundesbudget finanzieren soll, beantwortete Steger nicht: Man werde sehen, was schlussendlich im Gesetz steht, "ich traue mich nicht zu sagen, was herauskommt". Er sei aber "der Meinung, der ORF sollte nicht weniger Geld bekommen: Man sollte ihn nicht amputieren".

ORF-Generaldirektor Alexander Wrabetz wurde von Steger als "unglaublich gescheiter Generaldirektor" gelobt. Und überhaupt sei die ORF-Geschäftsführung "ja sowas von unbedroht, die brauchen sich ja nicht zu fürchten", schloss Steger.

Chefredakteure und Manager kommende Woche ernannt

Wrabetz selbst berichtete von einer konstruktiven Sitzung. Kommende Woche werde er die wesentlichen Personalentscheidungen für ORF eins und ORF 2 - allen voran Channelmanager und Chefredakteure - kommunizieren, bestätigte er. Die Hearings sind absolviert, und auch die Redakteure haben bereits abgestimmt. Allerdings haben sich dabei die als fix gesetzten Kandidaten kaum durchgesetzt. Wohl stimmte die Belegschaft für Lisa Totzauer als ORF eins-Channelchefin, der kolportierte Kandidat für ORF 2, Alexander Hofer, musste sich dagegen Stefan Ströbitzer geschlagen geben. Als Kandidat für den ORF eins-Chefredakteur gilt Wolfgang Geier, die Redakteure empfahlen Thomas Faustmann; für ORF 2 wollten die Redakteure lieber den derzeitigen TV-Chefredakteur Fritz Dittlbacher als Matthias Schrom.

Wrabetz betonte am Donnerstag, dieses Votum der Mitarbeiter "sehr ernst zu nehmen". Bindend ist es für ihn freilich nicht. Gefragt, ob ein Chefredakteur mit geringem Rückhalt der Redaktion eine gute Lösung wäre, meinte er: "Franz Kössler war ein großartiger Chefredakteur und hat, glaube ich, nur drei Stimmen bekommen."

(APA/red.)

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