Royal Wedding

Die Hochzeit des Jahres und die Royals im 21. Jahrhundert

Die frisch gekürten Eheleute Meghan und Harry von Sussex.
Die frisch gekürten Eheleute Meghan und Harry von Sussex.REUTERS
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Es herrschte Kaiserwetter für eine Prinzenhochzeit, als Prinz Harry am Samstag in Schloss Windsor die Amerikanerin Meghan Markle heiratete. Und ganz Britannien feierte auf den Straßen.

Das britische Königshaus ist letztlich im 21. Jahrhundert angekommen. Bei strahlendem Sonnenschein gaben einander Prinz Harry und Meghan Markle in der St George's Chapel des Schloss Windsor am Samstag das Ja-Wort. Der Dekan von Windsor, David Conner, sagte in seinen Eröffnungsworten: „Die Ehe ist ein Geschenk Gottes“, ehe das Brautpaar sich gegenseitig das Eheversprechen gab. Meghan verzichtete dabei indes auf die traditionelle anglikanische Hochzeitsformel, bei der die Frau ihrem Mann „Gehorsam“ verspricht.

Es war nicht die einzige Abweichung von Konventionen. Mit der 36-jährigen Markle wurde eine geschiedene Frau ethnisch gemischter Herkunft und Nordamerikanerin Mitglied der britischen Royals. Die (dunkelhäutige) Kommentatorin Afua Hirsch, eine 1981 in Norwegen geborene britische Journalistin deutsch-englisch-ghanesischer Abstammung, meinte: „Sie steht zu ihrer Identität, damit geht von dieser Hochzeit ein enorm wichtiges Signal aus. Die Ehe von Harry und Meghan symbolisiert die Verbindung von Veränderung mit Kontinuität.“

>> Ticker-Nachlese: Prinz Harry und Meghan Markle haben geheiratet

Dies kam auch in der Zeremonie zum Ausdruck. In Gegenwart von Queen Elizabeth (92) und Prinz Philip (96), der rechtzeitig von einer Hüftoperation genesen war, sowie den Angehörigen des Königshauses Windsor, 600 geladenen Gästen in der Kapelle und rund zwei Milliarden TV-Zusehern mischten sich altehrwürdige Klänge von Elgar, Schubert und Bach mit stürmischen Gospelchorälen und dem Soul-Klassiker „Stand By Me“.

Mehr als die Inszenierung berührte die Emotion. Harry (33) wartete sichtlich nervös auf seine Braut. Als sie von seinem Vater, Prinz Charles (69), in einem weiteren, allerdings unfreiwilligen Traditionsbruch zum Altar geführt wurde, sagte er mit tränenerfüllter Stimme: „Thank you, Pa“.

Eine feurige Rede. Meghan strahlte derweil aus jeder Pore Glück und Freude aus. Und die mitreißende, ja legendäre Predigt des schwarzen US-Episkopal-Bischofs Michael Curry kommentierte der ehemalige Labour-Chef Ed Miliband mit den Worten: „Fast hätte er mich zum Glauben bekehrt.“

Als „Triumph“ feierten Experten wie die Londoner Modeschöpferin Charlotte Hardwick das Brautkleid: eine ebenso schlichte wie elegante Kreation der britischen Designerin Clare Waight Keller für das französische Modehaus Givenchy. Zwei Kinder trugen die Schleppe, der Bräutigam durfte den Schleier heben. Meghans Diadem war eine Leihgabe der Queen, die Eheringe wurden traditionsgemäß aus walisischem Gold geschmiedet. Harry trug eine schwarze Militäruniform. Seinen Bart hatte er nicht abrasiert.

Victoria Beckham grantelte wieder. Harry und Meghan hatten auf die Einladung politischer Amtsträger verzichtet. Dafür bot die Gästeliste einen Querschnitt von Prominenten aus der Welt der Unterhaltung, des Sports, aber auch der Freunde des Paares.

Dazu zählten George und Amal Clooney, David und (die sichtlich übellaunige) Victoria Beckham, Elton John, Serena Williams, Oprah Winfrey, die Truppe von Meghans TV-Serie „Suits“ sowie der Earl of Spencer, der Bruder von Harrys 1997 verstorbener Mutter Diana. In einer weiteren Geste der Versöhnung zwischen den Windsors und Spencers las Dianas ältere Schwester Lady Jane Fellowes aus dem Hohelied.

1200 Bürger als Gäste. Zudem waren 2640 Personen geladen, die Hochzeit in einem der Schlosshöfe am Bildschirm zu verfolgen. Neben 1240 Bediensteten des royalen Haushalts und 200 Schulkindern zählten dazu 1200 gewöhnliche Bürger, womit das Paar ein weiteres Zeichen setzen wollte. Zu den Auserkorenen gehörte etwa die zwölfjährige Amelia Thompson, die im Vorjahr den Terroranschlag in Manchester überlebt hatte, ebenso eine Vielzahl von Personen aus Wohltätigkeitsorganisationen, Bürgerinitiativen und Veteranengruppen. Manche konnten ihr Glück kaum fassen: „Als ich zuerst davon hörte, dachte ich, es sei ein Aprilscherz“, sagte Pamela Anomneze, die in Nordlondon psychologische Betreuung anbietet.

Nachdem eine Aufforderung des Palasts an die ausgewählten Gäste, eigene Verpflegung mitzubringen („Sie werden viele Stunden an einem Ort bleiben müssen“), für Empörung gesorgt hatte, ließ sich der milliardenschwere Hof dazu herab, Tee und Wurstbrote zu kredenzen. Das war nicht die einzige Panne: Die letzten Tage waren dominiert von Spekulationen über die An- oder Abwesenheit von Meghans Vater Thomas (73) wegen Herzproblemen. Auch Querschüsse ihrer Stiefgeschwister aus Amerika, die sie „Erbschleicherin“ (Stiefschwester Yvonne) oder „nicht geeignet für die Königsfamilie“ (Stiefbruder Thomas) nannten, brachte die PR-Abteilung des Buckingham Palace nicht unter Kontrolle. Meghan wurde schließlich von ihrer Mutter Doria Ragland (61) begleitet.

Partys auf den Straßen. All das tat der Begeisterung der Massen keinen Abbruch. Seit Freitag hatte sich in Windsor eine Menge zu versammeln begonnen, die bis Samstag auf weit über 100.000 Menschen anwuchs, darunter Zehntausende Amerikaner. Fahnenschwingende, nationalfarbentragende und jubelnde Menschen konnten bei strahlendem Sonnenschein dem Brautpaar bei dessen Fahrt durch Windsor in einer königlichen Ascot-Landau-Kutsche von 1883 ihre Glückwünsche ausdrücken. Selten war des Jubels so viel. Wer nicht vor Ort war, konnte die Hochzeit nicht nur in TV oder Internet verfolgen: Im ganzen Land gab es Straßenparties, bei denen man nach Jahren wieder einmal mit Nachbarn beisammensitzt und einander versichert, dass das britische Leben vielleicht seltsam, aber lebenswert sei.

Als sich das Brautpaar die Ringe ansteckte und der Erzbischof von Canterbury sprach: „Hiermit erkläre ich Sie zu Mann und Frau“, brach im ganzen Land Jubel aus. Der ersehnte Kuss erfolgte nach Verlassen der Kapelle.

Selbst unter der (kleinen) Gruppe der britischen Republikaner genießt die junge Generation der Windsors (William und Harry und ihre Frauen Catherine und Meghan) große Sympathie. Von den „Fab Four“, so nannte man einst die Beatles, spricht man gar. War Prinzessin Diana die „People's Princess“, ist Harry heute der „People's Prince“: 81 % der Briten sagen, dass sie ihn mögen. Getragen von diesen Sympathiewerten haben er und Meghan ein Leben voller Möglichkeiten vor sich. Meghan engagierte sich vor der Ehe für viele Themen von Frauenrechten bis Umweltschutz. Nun wird sie ihren Aktivismus mit königlichen Pflichten akkordieren müssen. Vor allem aber erwartet man von ihr ein Kind.

Für den 33-jährigen Harry ist als sechster in der Thronfolge ein Aufstieg zum Monarchen so unwahrscheinlich wie ein Exit vom Brexit. „Er hat die beste aller Welten vor sich“, sagt der Biograf Andrew Morton. Frei von politischer Verantwortung könne er sich seinen Themen widmen. Oma Queen Elizabeth ernannte ihn kürzlich zum Commonwealth-Botschafter, und Morton glaubt: „Wir werden das Paar viel weniger sehen als wir uns wünschen.“

„Ein fantastischer Kerl.“ Zudem hat sich Harry nach seinem langjährigen Kriegsdienst um Opfer militärischer Konflikte gekümmert. Kriegsversehrte waren Gäste bei der Hochzeit. Der TV-Moderator JJ Chalmers (31), der als Royal Marine in Afghanistan verwundet wurde und mit Harry an den „Invictus Games“ für Invalide gearbeitet hatte, sagt: „Er ist ein fantastischer Kerl. Ehrlich, aufrecht, nett. Hinter der Kamera ist er noch netter als davor.“

Von den Kameras verborgen blieb der Rest der Feier. Selbst das Hochzeitsmenü am Abend blieb vorerst topsecret. Bekannt wurde zunächst nur, dass die Torte aus dem trendigen East London kam. Der Feiertag endete im engsten Freundeskreis mit einer Party, für die der bekannt knausrige Prinz Charles aufkam, im Frogmore House. In unmittelbarer Nähe ist Edward VIII. begraben, der 1936 für die Ehe mit der geschiedenen Amerikanerin Wallis Simpson auf seinen Thron verzichtete und das Königshaus in ein jahrzehntelanges Trauma stieß. Gestern wurde es überwunden. Das britische Königshaus ist im 21. Jahrhundert angekommen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.05.2018)

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