Die Frühjahrs-Vollversammlung der österreichischen Bischöfe wird von einem neuen Rekord an Kirchenaustritten und Missbrauchsfällen überschattet. Dabei wollten die Bischöfe über ganz andere Themen sprechen.
Unter dem Eindruck verschiedener Fälle von sexuellem Missbrauch sowie einer auf Rekordniveau angestiegenen Zahl an Austitten aus der katholischen Kirche tritt die Österreichische Bischofskonferenz am Montag in St. Pölten zu ihrer Frühjahrsvollversammlung zusammen. Bis Donnerstag dauern die Beratungen, die Bischöfe wollen über eine Optimierung der bereits eingeführten Schutzmaßnahmen gegen Missbrauch diskutieren. Die Ergebnisse will Kardinal Christoph Schönborn erst bei einer Pressekonferenz am Freitag präsentieren.
Die Zahl der Austritte hat unterdessen im Vorjahr mit mehr als 53.000 einen neuen Spitzenwert erreicht, 2008 waren es noch etwas mehr als 40.000.
Vorgehen "ohne falsche Rücksichtnahme" gefordert
Der Grazer Diözesanbischof Egon Kapellari hat bereits im Vorfeld der Bischofskonferenz gefordert, dass die Kirche mit Fällen sexuellen Missbrauchs "ehrlich und ohne falsche Rücksichtnahme" umzugehen habe. Als konkrete Maßnahme überlegt man, wie die in den 90er Jahren eingerichteten Ombudsstellen besser ausgestaltet werden können und wie das Screening für Priesteramtskandidaten verbessert werden kann.
Helmut Schüller von der Pfarrer-Initiative, Mitbegründer der Ombudsstelle für Missbrauchsopfer der Erzdiözese Wien, fordert indes einheitliche Regeln beim Vorgehen gegen Missbrauchsfälle. Außerdem würden die Menschen erwarten, dass mehr für die Vorbeugung getan wird.
Austritte um fast ein Drittel gestiegen
Mit den genau 53.216 Kirchenaustritten im Vorjahr (vorläufige Zahl) wurde sogar noch der bisherige Spitzenwert von 52.177 aus dem Jahr 2004 übertroffen, als ein Sex-Skandal im Priesterseminar St. Pölten für Aufregung gesorgt und zum Rücktritt von Bischof Kurt Krenn geführt hatte. Danach war die Zahl der Kirchenaustritte wieder etwas gesunken - und zwar bis auf 36.293 im Jahr 2007. Seither ist wieder ein deutlicher Anstieg zu registrieren.
Ein Grund für den jüngsten Anstieg um fast ein Drittel (2008 waren es noch 40.224 Austritte) könnte die missglückte Ernennung des des erzkonservativen Gerhard Maria Wagner zum Linzer Weihbischof gewesen sein.