Der frühere bosnische Serbenführer Radovan Karadzic hat die Rolle der Serben im Bosnien-Krieg vor dem UN-Tribunal als Selbstverteidigung dargestellt. Er beschuldigt die bosnischen Muslime und den Westen.
Der frühere Serbenführer Radovan Karadzic hat die Rolle der Serben im Bosnien-Krieg vor dem UNO-Tribunal in Den Haag als Selbstverteidigung dargestellt. "Es gab niemals die Absicht, die Idee oder noch weniger einen Plan, um die Muslime und Kroaten zu vertreiben", sagte Karadzic am Montag bei der Fortsetzung seines Prozesses.
Karadzic wies im Gegenteil die Schuld am Bosnien-Krieg (1992-95) und am Tod Zehntausender Menschen den Bosniaken zu: Die bosnischen Muslime "wollten 100 Prozent Kontrolle über Bosnien und das war die Hauptursache des Konflikts", sagte er. Karadzi hat zwei Tage Zeit für seine einleitende Erklärung.
Wirft westlichen Staaten Versagen vor
Bosnische Muslimführer hätten die Serben provoziert und zu deren Ermordung aufgerufen. Aber nur die Taten der Serben würden als Verbrechen behandelt, beklagte Karadzic. Angesichts der damaligen Lage hätten westliche Staaten, darunter Deutschland und die USA, und insbesondere der US-Sonderbeauftragte Richard Holbrooke versagt.
Die Sache der Serben sei "gerecht und heilig", sagte Karadzic. Beim Bosnien-Krieg sei es einzig um den Schutz "unserer Köpfe, unseres Eigentums und unserer Gebiete" gegangen. Die bosnischen Serben hätten "500 Jahre gelitten".
Die lange Flucht des Kriegsherren
Äußerte sich bisher nicht zu Vorwürfen
Der frühere Präsident der bosnischen-serbischen Republika Srpska, der sich bisher nicht zu den Vorwürfen geäußert hat, hat zwei Tage Zeit für eine einleitende Stellungnahme. Anschließend hat die Anklage das Wort. Am Mittwoch sollen zwei erste Zeugen der Anklage aussagen. Der Verhandlung wohnt zum ersten Mal auch der Anfang November bestellte Pflichtverteidiger Karadzics, Richard Harvey, bei.
Karadzic boykottierte den Prozessbeginn Ende Oktober, weil er aus seiner Sicht nicht genügend Zeit für die Vorbereitung seiner Verteidigung hatte. Vorige Woche beantragte er erneut eine Verschiebung des Beweisverfahrens bis zum 17. Juni.
Völkermord und Verbrechen gegen Menschlichkeit
Der Angeklagte muss sich in elf Anklagepunkten wegen Völkermordes, Verschwörung zum Völkermord sowie Verbrechen gegen die Menschlichkeit verantworten. Bei einer Verurteilung droht ihm lebenslange Haft.
Die Anklage bezieht sich auf einige der grausamsten Kapitel des Bosnien-Krieges (1992-95), darunter auch auf das Massaker in der damaligen UNO-Schutzzone Srebrenica an etwa 8000 Bosniaken (Muslime) und auf den 44 Monate dauernden Beschuss der bosnischen Hauptstadt Sarajevo. Zwei Anklagepunkte betreffen Völkermord in Srebrenica und in weiteren zehn bosnischen Gemeinden.
Karadzic war nach mehrjähriger Fahndung im Juli 2008 in Belgrad festgenommen worden, wo er unter falschem Namen als Heilpraktiker tätig war.
Ejup Ganic, Ex-Mitglied des bosnischen Staatspräsidiums, wurde Montagabend in London festgenommen. Sowohl Serbien als auch Bosnien wollen seine Auslieferung.
Der 63-jährige Ejup Ganic wurde am Londoner Flughafen Heathrow festgenommen. Serbien wirft ihm Kriegsverbrechen vor. Ganic hat die Vorwürfe stets zurückgewiesen.