Am Dienstag beginnt der Prozess gegen 13 Tierschützer. 230 Zeugen sollen gehört werden. Die Anwälte der Angeklagten wollen auf Freispruch plädieren. Sie sprechen von einer "konstruierten Verdachtslage" nach Paragraf 278a.
Einen Tag vor dem Wiener Neustädter Prozess gegen 13 Tierschützer haben die Anwälte der Beschuldigten in einer Pressekonferenz am Montag in Wien die Anklage nach Paragraf 278 a (Beteiligung an einer kriminellen Organisation) als "konstruierte Verdachtslage" bezeichnet. Damit sollten wohl die massiven Ermittlungsarbeiten legitimiert werden. Legale Kampagnentätigkeit werde kriminalisiert, die Überwachungsmethoden würden an Metternich'sche Zeiten erinnern, lautete die Kritik. Die Verteidiger werden auf Freispruch plädieren. An den 34 Verhandlungstagen sollen rund 230 Zeugen gehört werden - ein Urteil wird erst für den 17. Juni erwartet.
Nach mehr als dreijährigen Observationen durch eine 35 Beamte starke Sonderkommission mit "mehr als dürftigem" Ergebnis gehe es im Grunde um den Vorwurf, dass "lästige und laute NGO-Arbeit wem auch immer zu viel wurde", meinte Stefan Traxler, der den Hauptangeklagten Martin Balluch, Obmann des Vereins gegen Tierfabriken (VGT), und vier seiner ebenfalls wegen § 278 a angeklagten Mitstreiter vertritt. Dass die Überwachungsmaßnahmen - Beschattung, Lauschangriff, Videofallen, Peilsender - "nichts gebracht" hätten, sieht Traxler als den besten Unschuldsbeweis. Sechs der 13 Beschuldigten, darunter alle VGT-Angeklagten, werde keine einzige Straftat vorgeworfen. Es sei eine "eigenartige kriminelle Organisation, deren Mitglieder nicht einmal nach Darstellung der Staatsanwaltschaft Straftaten begehen" - es gebe keine Beweise und keine Indizien.
Straftaten "hineingestreut"
Zu den rund 130 Zeugen der Staatsanwaltschaft werden die Verteidiger ihrerseits 100 Zeugen beantragen, zum Beweis dafür, dass es sich um normale NGO-Aktivitäten gehandelt habe. In den Strafantrag seien ein paar Straftaten "hineingestreut": So habe etwa ein Aktivist bei einer Demo ein Transparent hochgehalten und sei dann weggelaufen, was sich nun als Widerstand gegen die Staatsgewalt lese. Ein E-Mail an eine Bekleidungskette, die Öffentlichkeit über die Leiden der Pelztiere zu informieren, werde als Nötigung betrachtet. Laut Balluch sind im Strafantrag 35 Kampagnen aufgelistet, also "quasi alle der vergangenen Jahrzehnte".
Laut Alexia Stuefer, die drei Angeklagte vertritt, würde eine Vielzahl nicht geklärter Straftaten den Beschuldigten zugeordnet und damit verfassungsrechtlich geschützte Verhaltensweisen, die dem gesamtgesellschaftlichen Anliegen der Sorge um den Umgang mit Tieren dienen, kriminalisiert. Von der "konstruierten Mafia" lästiger Tierschützer habe man 13 herausgepickt. Die Besonderheit des § 278a sei, dass die Mitgliedschaft reiche, ein Schaden müsse nicht nachgewiesen werden, sagte Josef Philipp Bischof, Anwalt von drei Beschuldigten.
Die Anwälte bekrittelten auch ihrer Ansicht nach "tendenzielle" Ermittlungen: Die Polizei habe viel entlastendes Material nicht weitergegeben. Kritik gab es weiters an der vor drei Wochen auf drei weitere Beschuldigte ausgedehnten Anklage. Der mindestens 15.000 Seiten umfassende Akt sei in dieser kurzen Zeit nicht zu lesen. Dem Anwalt des VGT-Geschäftsführers, Harald Karl, sei der Strafantrag am 12. Februar zugestellt worden, weshalb er am vergangenen Freitag wegen zu geringer Vorbereitungszeit Antrag auf Vertagung eingebracht habe.
(APA)