Familienbeihilfe: Osteuropäer „indexieren selbst“

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Der deutsche EU-Abgeordnete Sven Schulze stellt sich hinter Österreichs Forderung nach Indexierung des Kindergelds und kritisiert Nachbarländer.

Brüssel. Österreichs Regierung bekommt für ihren umstrittenen Vorschlag, die Familienbeihilfe für eingewanderte EU-Arbeitnehmer an das Preisniveau des Herkunftslandes anzupassen, unerwartete Unterstützung aus dem EU-Parlament. Der deutsche CSU-Abgeordnete Sven Schulze fordert nicht nur eine Änderung des EU-Rechts, um eine Indexierung zu ermöglichen, er geht auch mit osteuropäischen Regierungen hart ins Gericht, die Österreich dafür kritisieren.

Schulze behauptet, einige dieser Länder würden selbst „europarechtswidrig indexieren und gleichzeitig auf europäischer Ebene die Fortsetzung des Exports des westeuropäischen Kindergeldes verlangen, um so zum Teil Kindergeldzahlungen an ihre eigenen Bürger auf Kosten des exportpflichtigen Auslands einzusparen“. Slowenien, Kroatien und Bulgarien hätten etwa national eine Einkommensobergrenze als Kriterium für den Bezug der Familienbeihilfe und anderer Familienleistungen für ihre Landsleute festgelegt. Eltern, die im Ausland arbeiten und vergleichsweise hohe Einkommen beziehen, bekommen nichts. Das Land, in dem die Eltern arbeiten, zahlt so die gesamte Familienbeihilfe und nicht nur den Differenzbetrag für Kinder, die in der Heimat geblieben sind.

Tschechien und die Slowakei gewähren Familien mit Kindern laut Schulze Steuervergünstigungen – allerdings nur, wenn das Kind im gleichen Haushalt mit den Eltern lebt. „Hier wird der Wohnsitz zu einem Kriterium fürs Kindergeld erhoben.“

Polen und Rumänien trieben es auf die Spitze. Sie zahlten nicht einmal dann Familienleistungen an Kinder auf ihrem Staatsgebiet aus, wenn diese Kindergeld über ein arbeitendes Elternteil aus dem Ausland beziehen. „Das ist Diskriminierung der eigenen Staatsbürger, eine Entlastung der Sozialausgaben auf Kosten anderer Länder und mit den Koordinierungsregeln unvereinbar“, so der CDU-Parlamentarier. Kroatien scheine darüber hinaus die Familienleistungen anderer EU-Staaten einer eigenen Steuer zu unterwerfen. Die Familienleistung werde so in eine Kohäsionsleistung umgewandelt.

Schulze: „Die osteuropäischen Staaten pochen in Brüssel sehr auf die Beibehaltung des Status quo beim Export des Kindergeldes. Gleichzeitig nutzen sie nationale Indexierungen, die sie aus meiner Sicht an europarechtswidrige Kriterien knüpfen, mit dem angenehmen Nebeneffekt, Geld zu sparen oder auch noch einzunehmen.“

Der CSU-Politiker hat einen Vorschlag zur Reform der Familienbeihilfe ausgearbeitet. Das EU-Parlament ist in dieser Frage allerdings gespalten. Ein Teil der Abgeordneten, darunter auch aus Österreich, argumentiert, dass eine Indexierung dem Grundprinzip des Binnenmarkts widersprechen würde. EU-Recht sieht vor, dass Arbeitnehmer in jedem Gastland dieselben Sozialleistungen erhalten müssen wie Inländer. (APA/red.)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 23.05.2018)

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