Handelsstreit: Zieht China Trump über den Tisch?

Nun scheint es fix: Der chinesische Handyhersteller und Netzwerkausrüster ZTE bleibt vom Bannfluch Washingtons verschont.
Nun scheint es fix: Der chinesische Handyhersteller und Netzwerkausrüster ZTE bleibt vom Bannfluch Washingtons verschont. (c) APA/AFP/LLUIS GENE
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Die Sanktionen gegen ZTE fallen, die Strafzölle liegen auf Eis. Aber die Zusagen Pekings sind sehr vage. Der Umfaller erntet in den USA Kritik. Sein Grund: das Nordkorea-Treffen.

Wien. So sanft und nachgiebig erlebt man Donald Trump nur selten. Vor einer Woche überraschte der US-Präsident die Welt mit einem Rückzieher: Er wolle die Sanktionen gegen ZTE – ein Todesurteil für den chinesischen Tech-Konzern – doch nicht vollziehen. Seit dem gestrigen Dienstag stehen die Details des Deals: Das ZTE-Topmanagement muss gehen, vielleicht gibt es noch eine Geldstrafe, aber der Handyhersteller und Netzwerkausrüster darf weiter Chips und andere Teile aus den USA beziehen. Dafür kauft China mehr Agrarprodukte aus Amerika.

Das war aber schon Teil einer Grundsatzeinigung im Handelsstreit, die Trump seinen Finanzminister Mnuchin übers Wochenende aushandeln ließ. Die angedrohten Strafzölle liegen auf Eis. Allgemeine Erleichterung? Nicht ganz. Denn in den USA regt sich Unmut über die neue weiche Linie. Rechte Falken, demokratische Senatoren und Wirtschaftskommentatoren finden in seltener Eintracht: Trump lässt sich von Peking über den Tisch ziehen.

Hohes Handelsdefizit bleibt

Eine einfache Rechnung erklärt das Murren. Das US-Handelsdefizit mit China, ein Dorn im Auge des Präsidenten, beträgt 375 Mrd. Dollar pro Jahr. Um 200 Mrd. müsse es zurückgehen, forderte Trump selbst immer wieder gebieterisch – was Ökonomen für illusorisch halten. Jetzt aber geben sich die Amerikaner damit zufrieden, dass Peking mehr Agrarprodukte und Energie importieren will. Wie viel zusätzlich? Bei den Agrargütern geht es um weniger als zehn Mrd. Dollar. Bei der Energie um mehr, Mnuchin hofft auf bis zu 50 Mrd. Dollar in drei bis fünf Jahren, vor allem mit Flüssiggas. Aber der Zeitraum ist nicht zufällig gestreckt: Die USA haben gar nicht die Infrastruktur, um entsprechende Mengen zu verschiffen. Die Zusagen fallen Peking leicht: Die rasant wachsende Volkswirtschaft benötigt künftig mehr Energie aus dem Ausland. Auch der Appetit der mitwachsenden Mittelschicht auf Fleisch lässt sich durch heimische Produktion nicht decken. China sagt also nicht mehr zu, als es ohnehin plant – ein bekanntes Muster. Aber was ist mit dem Vorwurf, China bemächtige sich des geistigen Eigentums fremder Firmen, was auch Europa beklagt? Dazu gibt es vorerst nur das vage Versprechen, Peking werde die „Kooperation verstärken“ und sein Patentrecht überarbeiten. Bleibt es dabei, hätte Trump kaum mehr erreicht als seine Vorgänger – aber ungleich mehr Misstrauen gesät.

Wie aber lässt sich der „Umfaller“ erklären? Dazu liefern Beobachter drei Angebote. Erstens: Republikanische Senatoren aus bäuerlich geprägten Bundesstaaten haben monatelang gegen Strafzölle lobbyiert. Sie fürchten um ihre Wiederwahl bei den Midterm Elections, wenn ihre Klientel zum Opfer eines Handelskriegs wird, durch chinesische Vergeltungsschläge etwa bei Sojabohnen.

Hardliner im Hintertreffen

Zweitens: Im Weißen Haus selbst bekriegen sich bei diesem Thema zwei Lager. Zurzeit haben Mnuchin und Wirtschaftsberater Larry Kudlow, die weiter auf offene Märkte setzen, mehr zu sagen als die protektionistischen Hardliner, Handelsbeauftragter Robert Lighthizer und Berater Peter Navarro.

Besonders plausibel aber erscheint die dritte Erklärung: Absolute Priorität hat für Trump ein Erfolg des geplanten Treffens mit Nordkoreas Präsidenten, Kim Jong-un. Ein eskalierender Streit mit dessen wichtigstem Verbündeten passt nicht ins Konzept. Diese Karte spielt Peking geschickt aus: Man pflegt die Kontakte zu Pjöngjang so intensiv wie lang nicht – um zu zeigen, dass es Frieden nur mit dem Sanktus Chinas gibt.

Bleibt noch die Causa ZTE. Bei der Strafe ging es um eine rein rechtliche Frage: Hat der Konzern die Mitarbeiter, die für die sanktionswidrige Lieferung von Waren nach Iran und Nordkorea verantwortlich waren, nicht entlassen, sondern mit Boni belohnt – und damit seine „Bewährungsauflagen“ verletzt? Trump, so sagen seine Kritiker, machte aus dem Fall für Juristen ein Druckmittel im Handelsstreit. Damit bestätige er die Sicht Chinas, ZTE sei nur eine „Geisel“, die es zu befreien gelte.

Vor allem aber führe er Peking drastisch vor Augen, wie gefährlich die Abhängigkeit von US-Technologie ist. Das vom Westen mit Sorge verfolgte Bestreben Chinas, bis 2025 zur Tech-Supermacht aufzusteigen, werde so nicht gebremst, sondern weiter beflügelt. (gau)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 23.05.2018)

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