IMD-Ranking

Standort Österreich: Nur nicht zu laut jubeln

Österreich wird als Standort deutlich attraktiver und erhöht seine Wettbewerbsfähigkeit.
Österreich wird als Standort deutlich attraktiver und erhöht seine Wettbewerbsfähigkeit.(c) Clemens Fabry
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Österreich verbessert sich stärker als jedes andere Land. Aber die Baustellen bleiben: Steuern, Arbeitslosigkeit, Technologie. Auch bei der Einstellung passt einiges nicht.

Wien. Auf eine solche Meldung haben wir über ein Jahrzehnt lang warten müssen: Österreich wird als Standort deutlich attraktiver und erhöht seine Wettbewerbsfähigkeit. Das versichert die renommierte Schweizer Businessschool IMD durch ihr aktuelles, wie immer viel beachtetes Ranking, gemischt aus harten Fakten und einer Umfrage unter Wirtschaftstreibenden.

Mit einem Schlag von Platz 25 auf Rang 18: Eine so starke Verbesserung schafft kein anderes der 63 untersuchten Länder. Und eine so hohe Lebensqualität wie hierzulande gibt es weltweit ohnehin kein zweites Mal. In der Regierung dürfen die Korken knallen, eine bessere Gratiswerbung ist kaum zu haben. Aber da Alkohol bekanntlich den Geist vernebelt, mischen wir vorsichtshalber ein wenig Wasser in den wohlschmeckenden Wein. Zunächst: Vom Gesamtrang elf im Jahr 2007 und damit der Chance auf einen Einzug in die Top Ten ist Österreich noch ein gutes Stück entfernt.

Dass ein kleines europäisches Land es dorthin schaffen kann, machen andere vor: die Niederlande, Schweiz und skandinavische Staaten. Vor allem aber zeigen die Details: Der spektakuläre Sprung hat viel mit Konjunktur, Glück und Stimmung zu tun, aber wenig mit fundamentaler Verbesserung. Er ist nämlich vor allem der „Wirtschaftlichen Performance“ (von 40 auf 17) zu verdanken: mehr Wachstum und wieder mehr Direktinvestitionen aus dem Ausland, die ein Jahr davor fast ganz ausgefallen waren. Dass sich die „Effizienz der Firmen“ weiter verbessert (von 17 auf 14), hängt fast nur an gestiegenen Kursen börsennotierter Unternehmen: Der Handelsplatz Wien legte 2017 (die zeitliche Basis für die harten Fakten) so kräftig zu wie nur wenige andere.

Hoffnung auf mehr Reformen

Und das Wirken der Politik? Da hört der laute Jubel auf. Bei der „Effizienz des Staates“ tut sich wenig (von 33 auf 32), die Infrastruktur hat sich sogar verschlechtert (von 11 auf 14). Besser sieht es für den Staat wie für die Unternehmen aus, wenn man mit dem Tiefpunkt 2015 vergleicht: Der Trend der vergangenen Jahre deutet auf einen nachhaltigen, aber weniger raschen Fortschritt hin. Ein paar Erfolge darf sich auch Türkis-Blau schon auf die Fahnen schreiben: Die Staatsfinanzen haben sich zuletzt verbessert, und die Befragten trauen der Koalition zu, künftig mit Reformen mehr zu bewegen.

Aber die großen Baustellen bleiben: viel zu hohe Einkommenssteuern und Sozialabgaben – hier landet Österreich verlässlich unter den potenziellen Schlusslichtern. Zu viele Arbeitslose (Rang 38), was auch mit zu schwachen Anreizen in der Gesetzgebung zu tun hat (Platz 50). Offensichtlich passen Angebot und Nachfrage am Arbeitsmarkt nicht zusammen, denn auf der Suche nach „qualifizierten Ingenieuren“ werden die Firmen unter den Stellensuchenden oft nicht fündig (Platz 51). Sorgen muss man sich bei den Themen machen, die über den Erfolg in der Zukunft entscheiden: Bei „Investitionen in die Telekommunikation“ (Platz 62) liegt Österreich ganz hinten, bei den „digitalen Fähigkeiten“ (46) sieht es ähnlich trübe aus.

(c) Die Press

Zu wenig Offenheit

Hier scheint es aber nicht nur an politischen Initiativen, sondern auch an der Einstellung der Bürger zu mangeln. Das Bild, das die Umfrage von den heimischen Managern und ihren Mitarbeitern zeichnet, fällt ebenso schillernd wie plastisch aus. Bei Unternehmertum, Lehrlingsausbildung, Fortbildung und Zufriedenheit der Kunden: Da sind die heimischen Firmen Weltspitze (Rang zwei bis vier). Aber diese Erfolge von gestern und heute kontrastieren seltsam mit einer ausgeprägten Furcht vor der Zukunft und dem Rest der Welt.

Das zeigt sich bei der „Anpassungsfähigkeit, wenn die Menschen mit neuen Problemen konfrontiert werden“ (nur Rang 52), der „Offenheit gegenüber neuen Ideen“ (44) und der „Einstellung zur Globalisierung“ (47). Wobei sich die mangelnde Offenheit in den Maßnahmen der Politik widerspiegelt: Auch bei der Frage, ob Einwanderungsgesetze die Firmen bei der Einstellung von Ausländern behindern, liegt Österreich nur auf Platz 44 – und hat sich dabei im aktuellen Ranking besonders stark verschlechtert.

Das Fazit aus den Daten scheint klar: Dieses Land hätte die besten Voraussetzungen, zu den wirtschaftlich attraktivsten aufzusteigen. Aber es braucht mehr Mut und Offenheit, um dieses Potenzial zu heben.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 24.05.2018)

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