Die Bundesregierung macht einen Arbeitsausflug. Wenig Glanz, wenig Inhalt, wenig Hoffnung – und ein paar Inszenierungsschnitzer.
GRAZ. War es eine Falle? „Sie können sich einen aussuchen“, lockt Magna-Präsident Günther Apfalter seinen prominenten Gast. Bundeskanzler Werner Faymann lächelt, gustiert – und wählt für die Rundfahrt am Werksgelände von Magna in Graz an diesem Montagvormittag einen schwarzen BMW X3. – Ein Auslaufmodell. Noch in diesem Jahr endet die Produktion des deutschstämmigen SUV, der 2005 mit über 100.000 Fahrzeugen noch 45 Prozent der Gesamtproduktion des steirischen Magna-Werks ausgemacht hat. Sozialminister Rudolf Hundstorfer geht es nicht viel besser. Er besteigt einen Jeep Cherokee – trotz gold funkelnder Lackierung ein weiteres Auslaufmodell. Auch dieses einst starke Produktionsstandbein wird demnächst amputiert.
Nur der steirische SPÖ-Landeshauptmann Franz Voves hat mehr Glück. Er klettert in einen Mercedes G – der Produktionsauftrag für den Geländewagenevergreen wurde erst unlängst bis 2015 verlängert. Davon träumt auch Voves, der sich im Herbst für weitere fünf Jahre zum Landeshauptmann der Steiermark wählen lassen will.
Sein Konkurrent, ÖVP-Vizelandeshauptmann Hermann Schützenhöfer, hat für den Besuch der Bundesregierung ebenfalls einen „Outdoor“-Besuch inszenieren lassen. Mit Vizekanzler Josef Pröll und Wissenschaftsministerin Beatrix Karl im Schlepptau besucht er die baufällige Chirurgie der Grazer Uni-Klinik. Zwischen Patientenbetten und engen Liftkabinen freut man sich über ein zwischen ÖVP-Landespolitiker und -Bundespolitiker unterschriftsreif ausverhandeltes Finanzierungsübereinkommen für einen Neubau. Parteitaktisch ausgefuchst hat man weder SPÖ-Gesundheitslandesrätin noch den Vorstand der Krankenhausgesellschaft von der Visite informiert. Scheinwerferlicht teilt man nicht gerne. Oder nur, wenn es sein muss.
Kurz vor Mittag muss es sein. Das Protokoll der nach Graz transferierten Klausurtagung der Bundesregierung sieht ein „Familienfoto“ im Foyer des Grazer Kongresszentrums vor. Vierreihig nimmt die Regierung Aufstellung und lächelt in die Fernseh- und Fotokameras. Das war's dann aber schon wieder mit herrschaftlichem Glanz. Für die zentralen Arbeits- und Pressegespräche zieht man sich in räumliche Auslaufmodelle moderner Kongressarchitektur zurück: Dunkle Holzverkleidung im Ostblock-Charme, fensterlos, überhitzt. Geklotzt statt gekleckert wird erst wieder beim Abendempfang im prachtvollen Ambiente der Alten Universität.
Heute geht der „Staatsbesuch“ mit einem Treffen mit der steirischen Landesregierung zu Ende. Die Erwartungen der Gastgeber waren im Vorfeld unterschiedlich. „Wir wollen konkrete Taten und nicht Bestätigungen von Altbekanntem“, drängt Schützenhöfer, „Wir haben für drei Themen nur eine Stunde Zeit“, bremst Voves. Die Mittagspause am Tag davor war doppelt so lange.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 02.03.2010)