Abtreibungsgesetz: Tausende Iren kehren für Referendum heim

APA/AFP/ARTUR WIDAK
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Am Freitag steht Irlands restriktives Abtreibungsgesetz zur Abstimmung. Tausende Iren reisen dafür aus dem Ausland an. Für viele Junge ist es die erste Möglichkeit, sich zum Schwangerschaftsabbruch zu äußern.

Tausende Iren reisen aus allen Teilen der Welt in ihr Heimatland, um über das Eighth Amendment abzustimmen: Das ist jener Paragraph in der irischen Verfassung, der Abtreibung per Gesetz verbietet. Er stellt das Leben der Frau und das des Fötus' auf eine Stufe. Auch nach einer Vergewaltigung oder bei Missbildungen darf eine Schwangerschaft nicht frühzeitig beendet werden. Auch 40.000 im Ausland lebende Iren können am Freitag nun in dem Referendum über die Abschaffung des Abtreibungsgesetzes abstimmen.

Viele Junge stimmen erstmals über Abtreibung ab

Unter dem Hashtag #HomeToVote ließen in den vergangenen Tagen viele Iren andere User an ihrer Heimreise teilhaben. Ob Bilder aus dem Auto, von Hotelzimmern oder der Couch für eine Nacht: Der Weg nach Hause wurde online vielfach dokumentiert und in den sozialen Netzwerken geteilt. Eine ähnliche Kampagne hatte es bereits bei der Abstimmung zur gleichgeschlechtlichen Ehe im Jahr 2015 gegeben.

Das restriktive Abtreibungsverbot wurde 1983 mittels Referendum eingeführt. Wer also jünger als 54 Jahre alt ist, hat morgen zum ersten Mal die Möglichkeit, seine Meinung über das Abtreibungsgesetz kundzutun. Auch deshalb reisen viele junge Menschen aus dem Ausland an.

Abtreibungsgegner umgehen Online-Blockade

Das irische Referendum ist die erste große Abstimmung seit dem Datenskandal um Cambridge Analytica, bei dem Informationen von 87 Mio. Facebook-Nutzern gestohlen wurden. Um das Referendum nicht wie in der Vergangenheit durch Online-Werbung beeinflussen zu lassen, hat Google Anfang Mai sämtliche Inserate, sowohl von Gegnern als auch Befürwortern, blockiert. Weder auf Facebook, Twitter noch auf anderen Seiten sollten Inserate zur Abstimmung geschaltet werden können.

Befürworter der Anti-Abtreibungskampagne haben die Blockade jedoch umgangen. So war auf populären Seiten wie "Atlantic", "Washington Post" oder "Guardian" auch am Tag vor der Abstimmung Werbung der Anti-Abtreibungs-Kampagne zu sehen. Die "Transparent Referendum Initiative" (TRI) - eine zivile Initiative zur Regulierung der Online-Inserate für das Referendum - zählte trotz der Google-Maßnahmen Hunderte Anzeigen, berichtet "ABC News". Experten zufolge sollen die Anzeigen gegen eine Abschaffung des Verbots von US-Organisationen finanziert worden sein. Facebook hat zuletzt darauf reagiert und sämtliche ausländisch finanzierten Anzeigen zum Referendum in Irland blockiert.

Kirchenvertreter gegen Abschaffung

Kirchenvertreter hatten in den vergangenen Wochen massiv für eine Beibehaltung des Abtreibungsgesetzes plädiert. "Sollte das Lebensrecht des ungeborenen Kindes mit dem Verfassungszusatz gestrichen werden, würde das ungeborene Kind ohne jede konstitutionelle Rechte zurückbleiben", warnte der nordirische Erzbischof Eamon Martin. Martin ist Vorsitzender der Irischen Bischofskonferenz. "Der Wert, dass jedes menschliche Leben kostbar und dass unschuldiges menschliches Leben immer geschützt werden sollte, entstammt unserer gemeinsamen Menschlichkeit", sagte der Erzbischof.

Öffentlich gegen die Abschaffung warb auch einmal mehr der Dubliner Erzbischof Diarmuid Martin: Es sei widersinnig, den Verfassungsschutz für das ungeborene Kind in einer Zeit "wegzuwerfen", in der man durch medizinischen Fortschritt mehr als je zuvor über die Entwicklung des Babys im Mutterleib und "dessen Originalität und einzigartige Identität" wisse. Auch der Primas der anglikanischen Kirche von Irland, Richard Clarke, nannte die Abschaffung des Zusatzartikels "ethisch nicht tragbar".

Regierungschef Leo Varadkar hatte sich hingegen offen für eine Verfassungsänderung eingesetzt, um Abtreibungen "sicher, legal und selten" zu machen. Das Referendum versteht der Premier, der selbst vor seiner Politikkarriere als Arzt gearbeitet hat, als einen wichtigen Schritt zum "Erwachsenwerden Irlands". Frauen sollten das Recht haben, selbst über ihren Körper zu entscheiden. Gegner würden ihre Augen vor der Realität verschließen: Der Verfassungszusatz verhindere Abtreibungen nicht, sondern fördere vielmehr "Abtreibungstourismus" ins Ausland. Jedes Jahr reisen Tausende Irinnen nach England oder Wales, um eine ungewollte Schwangerschaft frühzeitig zu beenden.

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