Selbst Zinserhöhung kann Talfahrt der türkischen Lira nicht stoppen

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In der Türkei stemmt sich die Notenbank mit einer kräftigen Zinsanhebung gegen den Kursverfall der Landeswährung. Doch es hilft nicht.

Die Türkische Lira ist trotz der überraschenden Zinserhöhung der Notenbank wieder auf Talfahrt gegangen. Am Donnerstagvormittag mussten für einen US-Dollar 4,67 Lira gezahlt werden. Seit dem Morgen hat die Währung damit etwa zwei Prozent an Wert verloren. Im Handel mit dem Euro zeigte sich eine ähnliche Entwicklung. Hier mussten zuletzt fast 5,50 Lira für einen Euro gezahlt werden.

Am Mittwoch hatte die türkische Zentralbank in einer Krisensitzung beschlossen, einen ihrer Leitzinsen - der Spätausleihungssatz - von 13,5 Prozent auf 16,5 Prozent anzuheben. Mit der Maßnahme versuchen die Währungshüter den Wertverfall der Währung zu stoppen und die hohe Inflation einzudämmen. In einer ersten Reaktion konnte der jüngste Wertverfall der Lira zunächst gestoppt werden. Der Kurs war am Mittwochabend um etwa sieben Prozent nach oben geschossen.

Allgemein zweifeln Analysten an der Wirksamkeit der Maßnahme. So befürchtet Devisenexperte Manuel Andersch von der BayernLB, dass die Glaubwürdigkeit der türkischen Notenbank möglicherweise schon "irreparabel beschädigt sein könnte".

Seit Jahresbeginn war die Lira um über 20 Prozent zum Dollar abgerutscht. Für zusätzlichen Druck auf die heimische Währung sorgte vergangene Woche Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan mit der Ankündigung, nach den Präsidenten- und Parlamentswahlen am 24. Juni größere Kontrolle über die Geldpolitik auszuüben. Er will niedrige Zinsen, um über die Kreditvergabe den Bau anzukurbeln.

Wirtschaftsminister Nihat Zeybekci beschrieb den Kursverfall der Landeswährung vor der Zinsanhebung als "abartig". Die türkischen Institutionen verfügten über die notwendigen Mittel und sollten tun, was immer nötig sei, sagte er. Regierungssprecher Bekir Bozdag sprach von einem Spiel, das mit der Lira getrieben werde. Den Ausgang der Wahlen werde das aber nicht beeinflussen, ergänzte er ebenfalls vor Bekanntgabe des Notenbank-Entscheids.

Die nächste reguläre Zinssitzung der Notenbank ist für den 7. Juni angesetzt.

(APA/dpa)

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