Neos über türkis-blaue Sozialversicherungsreform: "Das ist Voodoo"

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Noch-Klubchef Matthias Strolz und Sozialsprecher Gerald Loacker bezeichnen Vorhaben der Regierung als reinen "Marketing-Gag". Die Zahl der Krankenkassen würden nur auf dem Papier reduziert werden.

Kein gutes Haar an den Regierungsplänen zur Neuorganisation der Sozialversicherung haben am Donnerstag die Neos gelassen. Die Versprechen von Schwarz-Blau seien ein reiner "Marketing-Gag", denn es würden weder die Kassen wirklich reduziert, noch eine Milliarde eingespart werden. So fassten Noch-Neos-Chef Matthias Strolz und Sozialsprecher Gerald Loacker das Vorhaben der Regierung zusammen.

Die Zahl der Krankenkassen werde nur am Papier verringert, in Wahrheit blieben die neun Landeskassen erhalten und es komme mit der Österreichischen Gesundheitskasse (ÖGK) eine neue als Dachorganisation dazu. Geradezu belustigt zeigte sich Strolz über die Ankündigung der Regierung, dass die Landesstellen ihre "Budgetautonomie" behielten und die ÖGK die "Budgethoheit" bekomme. "Das wird nicht gehen. Das sind Synonyme, das ist das Gleiche. Das ist Voodoo", so Strolz. Um dieses Vorhaben in ein Gesetz zu gießen, würden ÖVP und FPÖ "einen Kreativ-Juristen brauchen".

Loacker: Arbeiter müssen Arbeitslose mittragen

Darüber hinaus sollen die Landestellen weiterhin Zu- und Abschläge auf Basis der österreichweiten Rahmenverträge mit den Ärzten ausverhandeln dürfen. "Sie können dank der Selbstverwaltung selbstständig Verträge mit Ärzten abschließen, über ihr Budget verfügen und über die angebotenen Leistungen entscheiden. Das ist der Status quo, dass die Landeskassen tun können, was sie wollen", so Strolz.

Damit aber nicht genug, "nimmt die schwarz-blaue Regierung die öffentlich Bediensteten mitsamt den 15 Krankenfürsorgeanstalten von Ländern und Gemeinden (KFA) von der Zusammenlegung aus", kritisierte Loacker. Es bleibe also nicht bei fünf Trägern, sondern inklusive der 15 KFA und der fünf Betriebskrankenkassen bei 25 Kassen, die noch dazu völlig unterschiedliche Leistungen bieten. Versicherte in der Beamtenversicherung (BVA) und in den KFA würden weiterhin bessere Leistungen, kürzere Wartezeiten und eine größere Auswahl an Ärzten als Versicherte der ÖGK genießen. Die Neos finden dieses System "unfair" gegenüber Arbeitern und Angestellten. Während es in der BVA kaum Arbeitslose gebe, müssten Arbeiter und Angestellte etwa in der Wiener Kasse alle Arbeitslosen und die 190.000 Mindestsicherungsbezieher solidarisch mittragen. Die KFA seien überhaupt "exterritoriale Gebiete", weil sie nicht im Hauptverband seien und teilweise nicht einmal im System der E-Card, erklärte Loacker.

Leistungsharmonisierung kostet nicht mehr und nicht weniger

Nicht darstellbar sind nach Ansicht der Neos auch die angekündigten Einsparungen in Höhe von einer Milliarde Euro. Die von der Regierung geplante Leistungsharmonisierung werde nämlich mehr und nicht weniger kosten. Loacker zitierte aus einer Studie, wonach eine Minimal-Harmonisierung 200 Millionen Euro jährlich und eine Maximal-Harmonisierung, bei der alle Leistungen auf dem Höchstniveau angehoben werden, 1,2 Milliarden Euro kosten würde.

(APA)

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