Die holprige Geschichte der Zentralmatura

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2008 fiel der Startschuss. Organisatorisch lief zuletzt alles glatt. Ein Thema bleiben jedoch die Noten.

Wien. Zum zehnten Mal jährte sich der Startschuss für die Zentralmatura vor Kurzem: Im Frühjahr 2008 schickte die damalige Unterrichtsministerin, Claudia Schmied (SPÖ), eine Novelle in Begutachtung, laut der Termine und Aufgabenstellungen für die Matura zentral verordnet werden können. Im Juni 2009 einigten sich SPÖ und ÖVP auf die Details der neuen Reifeprüfung.

„Es ist erfreulich, dass es gelungen ist, die gute österreichische Reifeprüfung an internationale Standards heranzuführen“, sagte der damalige ÖVP-Bildungssprecher, Werner Amon. „Mehr Qualität, mehr Vergleichbarkeit und vor allem Fairness“, sollte diese neue Matura laut Schmied bringen. Bis sie in den Klassenzimmern ankam, sollten allerdings noch einige Jahre vergehen. Auch weil die Matura so viel Kritik einstecken musste wie kaum eine andere Reform – und kaum eine Neuerung im Schulbereich von so vielen Pannen geprägt war.

Verschiebung wird erkämpft

Geklagt wird in diesen Jahren über mangelnde Vorbereitung, fehlende Übungsbeispiele und über schlechte Qualität, vor allem in Mathematik. Weder der Lehrplan noch der Unterricht seien flächendeckend umgestellt, Schüler, Eltern und Lehrer proben im Jahr 2012 den Aufstand – mit Erfolg: Der verpflichtende Start wird um ein Jahr verschoben (auf Frühjahr 2015 an den AHS, 2016 an den BHS). Wenig später protestieren Schüler zu Tausenden: gegen ein in ihren Augen unfaires Benotungssystem und wieder schlechte Vorbereitung. Adressat: das Bundesinstitut für Bildungsforschung (Bifie), das für das Unterrichtsministerium die Reform umsetzt.

Die Sorgen sind nicht ganz unbegründet, wie sich wenig später herausstellen sollte. Gleich mehrere Pannen bei der Generalprobe für die Zentralmatura im Mai 2014 – als viele Schulen mittels Schulversuch in manchen Fächern zentral maturieren lassen – nähren die schlimmsten Befürchtungen der Kritiker: An einigen Standorten fehlen in Mathematik Aufgaben, in den Fremdsprachen war kurzfristig am Notenschlüssel gedreht worden. Von anderen Seiten sorgt ein umstrittener Deutschtext ohne historischen Kontext („Die Schnecke“) für Kritik. Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ), inzwischen an der Spitze des Unterrichtsressorts, ortet die Verantwortung öffentlich beim Bifie: „Es ist genug. Ich habe die Nase voll.“

Konsequenzen für Bifie-Institut

Das Direktorenduo des Bifie – darunter Martin Netzer (siehe unten) – wird wenig später abgelöst. 2017 wird das Bifie dann überhaupt geschrumpft, der für die Zentralmatura zuständige Teil wandert, inklusive seines Leiters, ins Bildungsministerium.

Dazwischen gibt es – nach einem problemlosen ersten Zentralmaturadurchgang an den AHS im Jahr 2015 – ein Aufatmen: Im Jahr der Bewährungsprobe läuft alles glatt, inklusive des Plans B, der wegen eines aufgebrochenen Safes in einer Salzburger Schule zum Tragen kommt. Organisatorisch ist seitdem – seit 2016 treten mit AHS und BHS pro Jahr mehr als 40.000 Maturanten bei den zentralen Klausuren an – alles reibungslos verlaufen. Es ist Routine eingekehrt.

Ein Thema blieben – und bleiben offenbar – die Noten. Nach einem guten Start hagelte es 2015 an den AHS zahlreiche Fünfer. Und nach einem wieder weniger schlechten Ergebnis pendelt die Quote nun offenbar wieder zurück.

AUF EINEN BLICK

Die Reifeprüfung besteht aus drei Säulen: der vorwissenschaftlichen Arbeit (an den AHS) bzw. der Diplomarbeit (an den BHS), der schriftlichen Klausur, die in elf Fächern zentral gestaltet wird (sie unterscheidet sich aber nach Unterrichtsjahren und an den BHS nach Schultyp), und den mündlichen Prüfungen, für die es keine zentralen Aufgaben gibt. Wer bei der schriftlichen Klausur eine negative Note hat, kann diese bei Kompensationsprüfungen ausbessern, die heuer österreichweit am 5. und 6. Juni stattfinden. Hier werden die Aufgaben zentral vorgegeben, geprüft wird mündlich.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 26.05.2018)

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