Neue Balkanroute? UNHCR sieht keinen Grund, alarmiert zu sein

Symbolbild: Flüchtlingssituation am Balkan.
Symbolbild: Flüchtlingssituation am Balkan.(c) AFP (PHILIPPE HUGUEN)
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Die Zahlen seien auf "sehr, sehr moderatem Niveau", meint UNHCR-Österreich Chef Christoph Pinter zu den Ankunftszahlen von Migranten. Eine Abschottung wäre nicht sinnvoll.

Zwar verzeichnen einige Staaten entlang der Balkanroute wieder steigende Asylzahlen und die Bundesregierung sorgt sich wegen einer möglichen neuen Flüchtlingsroute - für das UNO-Flüchtlingshochkommissariat (UNHCR) ist die derzeitige Situation jedoch "nicht außergewöhnlich". Die Zahlen seien noch auf "sehr, sehr moderatem Niveau", so Christoph Pinter, Leiter des Österreich-Büros am Montag.

Es gebe momentan "überhaupt keinen Grund, besonders alarmiert zu sein", sagte Pinter im Ö1-Journal um acht. Es sei aber natürlich immer gut, sich die Zahlen konkret anzusehen und gut vorbereitet zu sein, falls sich etwas ändern sollte. "Aber derzeit sehen wir die Änderungen nicht", betonte er.

Angesprochen auf die steigenden Ankunftszahlen von Migranten, vor allem in Griechenland und Bosnien, meinte Pinter, dass diese auf ähnlichem Niveau wie vor der "Flüchtlingskrise" 2015/2016 liegen. Damals sei das Thema allerdings "nicht so prägnant" gewesen wie heute. Vor allem in Griechenland beobachte das UNHCR aber immer wieder Schwankungen. Bosnien-Herzegowina hingegen sei zum ersten Mal mit einer relativ hohen Zahl von Asylsuchenden konfrontiert. Weil es in dem Balkanland noch an entsprechender Infrastruktur fehle, sich "mit der neuen Situation zurechtzufinden", sei hier die EU gefordert zu helfen, erklärte der UNHCR-Österreich-Chef.

Zur Ankündigung von Innenminister Herbert Kickl (FPÖ), die Grenzen im "Falle des Falles" dicht zu machen, sagte Pinter: "Dort wo Grenzen zugehen, werden andere Grenzen, andere Wege beschritten. Eine Abschottung Europas sei weder möglich noch sinnvoll, weil Europa eine Mitverantwortung am globalen Flüchtlingsthema hat." Aus Sicht des UNHCR müssten die Staaten vielmehr "solidarisch handeln" und das Thema "gemeinsam angehen, anstatt sich abzuschotten", erklärte Ruth Schöffl vom UNHCR. Dazu gehöre auch, Hilfe in den Herkunftsregionen zu verstärken, die nach wie vor weit über 80 Prozent der Flüchtlinge aufnehmen, sowie mehr Engagement beim Resettlement (Umsiedelung), um "Flüchtlingen einen sicheren Zugang zu ermöglichen".

In Richtung Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP), der in einem Interview mit der "Welt am Sonntag" vorgeschlagen hatte, Beamte der EU-Grenzschutzagentur Frontex sollten Migranten bereits an der Überfahrt über das Mittelmeer hindern, erklärte Pinter: "Leute in Libyen festzuhalten oder dorthin zurückzubringen ist sicher keine Option." Menschenrechtsorganisationen hatten wiederholt auf die katastrophalen Zustände in dem nordafrikanischen Land, in dem Flüchtende oft misshandelt oder sklavenähnlich gehalten werden, aufmerksam gemacht. Erst am Wochenende hatte die Hilfsorganisation "Ärzte ohne Grenzen" (MSF) berichtet, dass Menschenhändler 15 Migranten erschossen hätten, die aus Gefangenschaft in Libyen fliehen wollten.

(APA)

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