Italien-Krise

"Vorbei ist es also mit der mühsam erreichten Ruhe in der Eurozone"

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Moody's erwägt eine Abstufung des Italien-Ratings. Die Angst der Investoren vor einem Euro-Austritts Italiens steigt. Und die Aktienbörsen geraten angesichts der politischen Krise ins taumeln.

Angesichts der Eskalation der politischen Krise in Italien stellt die Ratingagentur Moody's das Rating für Italien auf den Prüfstand. Derzeit wird Italien mit "Baa2" bewertet. Diese Bewertung werde auf eine mögliche Abstufung überprüft, teilte Moody's am Dienstag mit. Hauptgrund für die Überprüfung des Ratings sei das Risiko einer materiellen Verschlechterung der Finanzkraft von Italien. Zudem bestehe das Risiko, dass die Strukturreformen stagnieren oder sogar rückgängig gemacht werden. Neuwahlen im September sind wahrscheinlich.

Aktienbörsen im taumeln

Die politische Krise in Italien wirkt sich auf die Finanzmärkte aus: So gerieten die Aktienbörsen in Italien und Spanien ins Taumeln. Der Mailänder Leitindex FTSE MIB sackte im frühen Handel um bis zu 2,18 Prozent ab. Bankaktien wie Ubi Banca, Unicredit oder Intesa Sanpaolo büßten bis zu 3,6 Prozent ein. Italienische Staatsanleihen mit einer Laufzeit von zehn Jahren warfen bis zu 2,9 Prozent Rendite ab. Das war der höchste Stand seit Mitte 2014. Zum Vergleich: Deutschland genießt an den Finanzmärkten viel mehr Vertrauen - der Bund kann sich schon für 0,31 Prozent Geld über zehnjährige Bundesanleihen besorgen.

Immer mehr Anleger mit einem Auseinanderbrechen der Eurozone. 13 Prozent erwarten für die kommenden zwölf Monate das Ausscheiden eines Landes aus der Währungsunion, ergab eine aktuelle Sentix-Umfrage unter 5000 Investoren. Das ist der höchste Wert seit mehr als einem Jahr. "Vorbei ist es also mit der mühsam erreichten Ruhe in der Eurozone", sagte der Geschäftsführer der Investmentberatung, Manfred Hübner. Seinen bisherigen Höchststand erreichte der Index während der Griechenland-Krise Mitte 2012 mit 73 Prozent.

Geringes Ansteckungsrisiko

Dass die Stabilisierungsbemühungen der vergangenen Jahre nicht gänzlich umsonst gewesen seien, zeige ein Blick auf den Ansteckungs-Risiko-Index. Dieser fiel von gut 43 auf 34,3 Prozent. "Diese überraschend positive Indikation liegt daran, dass die Austrittswahrscheinlichkeit anderer Länder bisher durch die italienischen Kapriolen so gut wie nicht in Mitleidenschaft gezogen wurde", erklärte Hübner.

Politiksche Krise in Italien

Italiens Notenbank-Chef Ignazio Visco erklärte am Dienstag: "Das Schicksal Italiens ist jenes Europas". Die Probleme der italienischen Wirtschaft seien nicht auf die EU, sondern auf die riesige Staatsschuld Italiens zurückzuführen. "Diese Schuld lastet wie ein Stein auf uns allen", betonte Visco. Man dürfe nicht die Zukunft der neuen Generationen aufs Spiel setzen, indem man neue Schulden ansammle.  Der italienische Präsident Sergio Mattarella hat den Wirtschaftsexperten Carlo Cottarelli mit der Bildung einer Übergangsregierung beauftragt und setzt auf Neuwahlen. Am Sonntagabend hatte Giuseppe Conte, der eine Koalition von rechtsextremer Lega und der populistischen 5-Sterne-Bewegung führen sollte, wegen Mattarellas Veto gegen einen Euro-Skeptiker als Wirtschaftsminister seinen Regierungsauftrag zurückgegeben.

(APA/Red.)

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