"Italien hat Desaster-Potenzial für deutsche Konjunktur"

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Die Industriestaaten-Organisation OECD senkt ihre Wachstumsprognosen für die deutsche Wirtschaft. Italien und auch Spanien könnten Hypotheken für die Konjunkturentwicklung werden, heisst es beim Branchenverband DIHK.

Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) schließt Schäden für die deutsche Konjunktur und die Euro-Zone angesichts der politischen Entwicklung in Italien nicht aus. Wenn sich die Lage dort ganz schlecht entwickle, "wäre das ein Desaster", sagte Hauptgeschäftsführer Martin Wansleben am Mittwoch in Berlin. Italien und auch Spanien könnten Hypotheken für die Konjunkturentwicklung werden. Er habe aber die Hoffnung, dass es mit Italien nicht so schlimm komme, wie manche es befürchten. "Das wahrscheinliche ist, dass Italien im Euro beleibt", sagte Wansleben. Dies sei seine persönliche Meinung. Er fürchte aber, dass die Handlungsfähigkeit der Euro-Zone leide. Zu den Folgen der US-Sanktionen gegen den Iran für die deutschen Firmen merkte er an. "Das wirft uns erheblich zurück." Das sei ein "Riesenthema" für die deutsche Wirtschaft.

Mit Blick auf den Einfluss Italiens auf die ohnehin gesenkte Wachstumsprognose des Verbandes für 2018 sagte Wansleben: "Es kann sein, dass es schlechter wird." Zur Frage, ob das einen Beitrag zu einer konjunkturellen Wende in Deutschland leisten könnte, ergänzte er: "So ein bisschen befürchten wir es."

Der DIHK hatte am Mittwoch  seine Prognose für das Wirtschaftswachstum in Deutschland angesichts des Handelsstreits mit den USA deutlich gesenkt. Es werde dieses Jahr nur noch mit einem Plus von 2,2 Prozent gerechnet. Die deutsche Regierung rechnet dieses Jahr mit einem Zuwachs der Wirtschaftsleistung um 2,3 Prozent und im nächsten Jahr um 2,1 Prozent.

OEDC senkt Prognose für Deutschland

Auch die Industriestaaten-Organisation OECD senkt ihre Wachstumsprognosen für die deutsche Wirtschaft. Das Bruttoinlandsprodukt dürfte sowohl in diesem als auch im kommenden Jahr um 2,1 Prozent zulegen, wie die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) am Mittwoch voraussagte. Im März war sie noch von 2,4 beziehungsweise 2,2 Prozent ausgegangen.

Die OECD warnte zugleich vor Risiken für den Exporteuropameister. "Der zunehmende Handels- und Investitionsprotektionismus könnte den Welthandel beeinträchtigen und die globalen Wertschöpfungsketten unterbrechen, die für den Erfolg der deutschen Exporte entscheidend sind", erklärte sie. "Dies könnte sich belastend auf das Wirtschaftswachstum und die Beschäftigung auswirken."

Den Projektionen zufolge werde die Konjunktur aber wegen des robusten Welthandels, der Investitionen und des boomenden Arbeitsmarkts "solide" bleiben. Der Konsum dürfte zwar langsamer zulegen, da die höhere Inflation an den Reallöhnen nage. "Die niedrigen Zinssätze, die hohe Kapazitätsauslastung und die zunehmende Nachfrage nach Wohnimmobilien stützen aber eine kräftige Entwicklung der Wohnungsbau- und Unternehmensinvestitionen."

Der im Ausland viel kritisierte deutsche Überschuss in der Handelsbilanz dürfte leicht sinken, bleibe 2019 aber mit 7,9 Prozent des Bruttoinlandsproduktes noch immer klar über dem von der EU-Kommission vorgesehenen Höchstwert von sechs Prozent.

Die Organisation sieht Spielraum für die Regierung, stärker in Bildung, Breitbandnetze und eine emissionsärmere Verkehrsinfrastruktur zu investieren. Dies verbessere langfristig die Produktivität. "Steuersenkungen für Gering- und Zweitverdiener würden zusammen mit höheren Umwelt- und Immobiliensteuern ein umweltverträglicheres und inklusiveres Wachstum fördern", betonte die OECD. 

(APA/dpa/Reuters)

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