Italien: Fünf-Sterne-Bewegung will Euroskeptiker Savona opfern

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Die populistische Partei ruft die rechte Lega zu einem Verzicht ihres gewünschten Wirtschaftsministers auf. So könnte der Weg zu einer Regierung doch noch geebnet werden.

In Italien haben Lega und Fünf-Sterne-Bewegung laut Medienberichten einen neuen Versuch zur Bildung einer Parteien-Regierung unternommen. Die Fünf-Sterne-Bewegung rief die Lega zum Verzicht auf den Euro-Gegner Paolo Savona als Wirtschaftsminister auf, was den Weg zu einem politischen Kabinett ebnen würde.

Die Partei um den Ex-Komiker Beppe Grillo appellierte am Mittwochabend auch direkt an den 81-jährigen Savona, auf eine Kandidatur zu verzichten. Savona könne der Regierungsmannschaft beitreten, allerdings nicht als Wirtschaftsminister. Das Veto des Präsidenten Sergio Mattarella gegen Savona als Wirtschaftsminister hatte am Sonntag zum Scheitern der Regierungsverhandlungen geführt, was Italien ins politische Chaos gestürzt hat.

Die Lega, die bisher mit Nachdruck auf den europakritischen Savona als Wirtschaftsminister bestanden hatte, signalisierte Dialogbereitschaft. "Wie wir es bereits seit den Parlamentswahlen am 4. März tun, werden wir den bestmöglichen Beschluss im Interesse des Landes fassen", kommentierte Lega-Chef Matteo Salvini. Er meinte jedoch, Brüssel oder Berlin hätten nicht das Recht, die Minister in Italien zu bestimmen, so Salvini in Anspielung auf die Sorge der EU-Kommission aufgrund der antieuropäischen Positionen Savonas.

Eigentlich hätte der Wirtschaftsexperte Carlo Cottarelli als Übergangspremier am Mittwoch seine Ministerliste vorstellen sollen. Er und Präsident Mattarella beschlossen jedoch, mit der Bildung einer Übergangsregierung abzuwarten, bis klar sei, ob sich die Parteien doch noch auf eine politische Regierung einigen.

Neuwahlen könnten abgewendet werden

Di Maio versicherte gestern auf Facebook, dass weder die Lega noch seine Partei den Austritt aus der Eurozone als Ziel hätten. Eine parteiunabhängige Übergangsregierung um Cottarelli würde keine einzige Stimme erhalten, meinte Di Maio. Als Premier wolle er wieder den Rechtsprofessor Giuseppe Conte vorschlagen, der am Sonntag mit der Regierungsbildung gescheitert war.

Eine mögliche Regierung aus Lega und Fünf-Sterne-Bewegung könnte mit der Unterstützung der Rechtspartei "Fratelli d'Italia" (Brüder Italiens) entstehen. Die im Wahlkampf mit der Lega verbündete Gruppierung signalisierte ihre Bereitschaft, eine politische Regierung zu unterstützen. Italien brauche dringend eine Regierung, betonte Parteichefin Giorgia Meloni. Insidern zufolge ist die Ex-Jugendministerin in der Regierung Berlusconi bereit, selbst als Ministerin in das neue Kabinett einzusteigen.

Mit einer Parteien-Regierung würde Italien Neuwahlen im Hochsommer abwenden, gegen die sich die Lega ausgesprochen hatte. "Die Italiener haben Recht auf ihre Ferien", sagte Salvini, der eine hohe Stimmenenthaltung bei einem Urnengang in der Sommerzeit befürchtet. Die Lega liegt Umfragen zufolge mit ihrer Anti-Europa-Rhetorik inzwischen bei 26 Prozent, 8 Prozentpunkte über dem Ergebnis bei der Parlamentswahl im März, während die "Grillo"-Partei stabil um die 32 Prozent rangiert.

(APA)

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