Handelskrieg: Jetzt droht die Eskalation

Die USA machen ihre Drohung wahr.
Die USA machen ihre Drohung wahr.(c) Clemens Fabry
  • Drucken
  • Kommentieren

Die USA machen ihre Drohung wahr und führen Strafzölle auf Stahl und Aluminium aus der EU ein. Das könnte zu einem Dominoeffekt führen, der den Wirtschaftsaufschwung gefährdet.

New York. Und wieder schaute die ganze Welt auf Donald Trump. Bis Anfang Juni gewährte der amerikanische Präsident Amnestie und befreite die Europäische Union ebenso wie Kanada und Mexiko von Zöllen auf Stahl und Aluminium. Am Donnerstagnachmittag dann die Entscheidung: Die Tarife auf Lieferungen in die USA kommen. Nun droht ein Handelskrieg, der die EU und in letzter Konsequenz die ganze Weltwirtschaft in die Rezession stürzen könnte.

Dabei sind die Tarife von 25 Prozent auf Stahl und zehn Prozent auf Aluminium nur die Spitze des Eisbergs. Das Volumen der EU-Exporte dieser beiden Produkte in die USA liegt im einstelligen Milliardenbereich. Natürlich werden einzelne Produzenten, vor allem in Deutschland, darunter leiden. Gesamtwirtschaftlich haben diese Zölle aber keine entscheidende Auswirkung. Trump gibt einen Warnschuss ab, von einer handelspolitischen Kriegserklärung sind wir noch ein Stück entfernt.

Das könnte sich schnell ändern. Denn die Parteien haben den Weg zu einem transatlantischen Handelskrieg eigentlich schon vorgezeichnet. Europa hat angedroht, sich mit Zöllen auf eine Reihe von Produkten, vom Orangensaft aus Florida bis zum Autorückspiegel aus Michigan, zu revanchieren. Auch hier ist der Umfang mit einem jährlichen Warenvolumen von rund acht Milliarden Dollar oder drei Prozent der gesamten US-Lieferungen in die EU überschaubar.

Jedoch: Sollte es dazu kommen, will Trump mit voller Härte zurückzuschlagen und die europäischen Autohersteller ins Visier nehmen. Seine Regierung hat bereits ein Arbeitsteam beauftragt, höhere Zölle auf ausländische Fahrzeuge untersuchen zu lassen. Aktuell heben die USA 2,5 Prozent auf Autoimporte ein, die EU zehn Prozent und China 25Prozent. Die größten deutschen Autobauer haben zwar riesige Produktionswerke in den USA. BMW produziert etwa die X-Serie in South Carolina. Jedoch wird ein Teil davon wieder exportiert, und andere Serien aus Europa werden in die USA importiert. Porsche und Audi wiederum bauen gar keine Autos in den USA.

Mehr US-Gas für Europa?

Dabei sind es gerade die internationalen Warenflüsse, die die Weltwirtschaft anfeuern und den Konsumenten in der Regel günstigere Produkte bescheren, weil sich jedes Land auf seine Wettbewerbsvorteile konzentrieren kann. Kommt der Güterverkehr nun wegen höherer Zölle teilweise zum Erliegen, belastet das vor allem den Exportweltmeister Deutschland – und mit ihm die ganze EU. Freilich: Eine Einigung in nächster Zeit ist nicht ausgeschlossen, selbst die Zölle auf Stahl- und Aluminium könnten theoretisch auch wieder zurückgenommen werden.

Unabhängig davon steuert der Welthandel in jedem Fall auf eine Periode der Ungewissheit zu. Es geht um geopolitischen Einfluss, ebenso um innen- und außenpolitische Überlegungen. Trump fordert von der EU, mehr Gas aus den USA zu importieren. Das ist eine Kampfansage an Russland. Noch 2016 stammte weniger als ein Prozent des Gases in der EU aus den USA, 2017 stieg der Marktanteil bereits auf fünf Prozent. Mit Mexiko und Kanada wiederum verhandeln die USA gerade die Zukunft des nordamerikanischen Freihandelsabkommens. Trump will unter anderem, dass die Autobauer ihre Produktion aus Mexiko in die USA verlegen.

Und schließlich schwebt über der Weltwirtschaft das Damoklesschwert eines Handelskrieges zwischen den beiden weltgrößten Volkswirtschaften. US-Handelsminister Wilbur Ross reist am Wochenende nach China. Kommt es zu keiner Einigung, könnten die USA noch im Juni chinesische Waren im Wert von 50 Milliarden Dollar mit Einfuhrzöllen belegen. In einem ersten Schritt, wohlgemerkt. Trump hat gedroht, insgesamt chinesische Produkte im Wert von 150 Milliarden Dollar unter die Zolllupe zu nehmen. Dagegen wirkt der Handelsdisput mit der EU fast schon kleinlich.

Weitere Infos:www.diepresse.com/economist

("Die Presse", Print-Ausgabe, 01.06.2018)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

News Themen der Woche KW 36 September 4 2019 Washington DC United States of America U S Presid
International

US-Präsident Trump hat keine Eile im Handelsstreit

Der US-Präsident zieht ein umfassendes Abkommen mit China einer schnellen Einigung vor.
PK VOESTALPINE AG: 'GESCHAeFTSJAHR 2017/18': EDER
Österreich

Eder: "Europa kann nicht zum Mistkübel der westlichen Welt werden"

Im Handelsstreit mit den USA solle Europa zu "wesentlich stärkeren Waffen greifen", wenn es nötig sei, sagt Wolfgang Eder. Die wesentlich größere Gefahr für die Stahlindustrie sieht er aber anderswo.
Österreich

Deutsche Autozulieferer fordern: "USA bei Importzöllen entgegenkommen"

Man müsse in den Verhandlungen etwas anbieten, sagte der deutsche ZF-Chef Scheider. Zumindest sollten die Importzölle einander auf geringstem Niveau angeglichen, wenn nicht gar beseitigt werden.
FILE PHOTO: Metal coils are seen at ArcelorMittal steel plant in Ghent
Österreich

EU-Stahlindustrie fürchtet größeren Einbruch von US-Geschäft

Derzeit gehen 16 Prozent der EU-Stahlexporte in die USA. Mehr als ein Drittel des Volumens sei gefährdet, sagte Eurofer-Präsident Van Poelvoorde.
Donald Trumps Handelspolitik ist schadet der Weltwirtchaftt
Österreich

Ökonomen sind sich einig: Trump schadet der Weltwirtschaft

Experten aus aller Welt zufolge werden die größten Verlierer der von Donald Trump angeordneten US-Zölle Schwellenländer Asiens sein, Industrieländer außerhalb der EU sowie die USA selbst sein.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.