Italien: EU-Parlamentspräsident empört Juncker-Kritik - und teilt selbst aus

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Die Wortmeldungen des EU-Kommissionspräsidenten seien "inakzeptabel", sagt Antonio Tajani. Wenig später beschreibt er das Regierungsprogramm des neuen Kabinetts als "wenig überzeugend".

Der italienische EU-Parlamentspräsident Tajani spart zwar nicht mit Kritik an der neuen italienischen Regierung, doch Querschüsse von EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker gegen sein Land will er nicht gelten lassen. "Ich verlange vom Präsidenten der Europäischen Kommission, dass er die ihm zugeschriebenen Äußerungen sofort dementiert, denn - wenn sie wahr sind - sind sie inakzeptabel", schrieb der Italiener Tajani am Donnerstag im Kurzbotschaftendienst Twitter.

Juncker hatte unter anderem "weniger Korruption" in Italien gefordert. Tajani sagte nicht, auf welche Äußerungen von Juncker er sich konkret bezog. Juncker hatte in Brüssel am Donnerstag aber über Italien gesagt: "Ich liebe Italien, Bella Italia. Aber ich akzeptiere es nicht länger, dass alles, was im Süden Italiens, in Mezzogiorno, schief läuft, damit begründet wird, dass die EU oder die Europäische Kommission nicht genug tue." Die Italiener müssten sich "um die armen Regionen Italiens kümmern, das bedeutet mehr Arbeit, weniger Korruption, Ernsthaftigkeit". Italien müsse aufhören, "dieses Spiel zu spielen", wonach die EU an allem schuld sei.

Tajani: Euro-Austritt wäre "enorme Dummheit"

Am Freitag bezeichnete er das Regierungsprogramm des neuen Kabinetts in Rom jedoch selbst als "absolut nicht überzeugend". Zugleich versicherte er im Interview mit der italienischen Tageszeitung "Quotidiano Nazionale" (Freitagsausgabe), dass Europa das neue Kabinett anhand seiner "konkreten Schritte" bewerten werde.

"Die Regierungsparteien werden beweisen müssen, dass sie die Interessen der Bürger über alles stellen", so Tajani. Ihm zufolge sporne die Mindestsicherung die Bürger an, nicht zu arbeiten. "Man muss neue Jobs schaffen und keine Geschenke machen. Familien oder Pensionisten zu unterstützen, ist eine Sache. Eine demagogische Maßnahme, die den Etat zu sprengen droht, ist eine andere", sagte der gebürtiger Römer. Das Regierungsprogramm enthalte zudem keine klaren Hinweise auf die Finanzierung der darin enthaltenen Wirtschaftsmaßnahmen, kritisierte er.

Der Euro-Austritt Italiens wäre eine "enorme Dummheit". "Damit würde man die Ersparnisse der Italiener zerstören und das Land zwingen, seine Schulden in Euro zurückzuzahlen. Das wäre ein Todesschlag für Klein- und Mittelunternehmen. Die Mehrheit der Italiener will weder aus dem Euro noch aus Europa austreten. Ein derartiger Beschluss wäre ein gravierender Schaden", sagte Tajani.

(APA/AFP)

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