Asselborn: FPÖ-Ideen zur EU-Personenfreizügigkeit "irre"

imago/ZUMA Press
  • Drucken

Schengen dürfe nicht infrage gestellt werden, sagt der Außenminister Luxemburgs. Er kritisiert zu dem die Haltung der Regierung, die EU-Beitragszahlungen nach dem Brexit nicht erhöhen zu wollen.

Luxemburgs Außenminister Jean Asselborn warnt vor FPÖ-Ideen, die EU-Personenfreizügigkeit infragezustellen. "Das ist irre, den Menschen vorzugaukeln, dass es Österreich besser ginge, wenn wir die Freizügigkeit der Europäer einschränken", sagte Asselborn gegenüber der Tageszeitung "Kurier". "Wir dürfen den Binnenmarkt nicht kaputtmachen und Schengen nicht infrage stellen."

FPÖ-Chef Vizekanzler Heinz Christian Strache hatte sich Dienstagabend bei einer Diskussionsveranstaltung im Haus der Europäischen Union in Wien für eine Reform der derzeitigen Regel ausgesprochen, nach der EU-Bürger in jedem Mitgliedsland ihrer Wahl wohnen und arbeiten dürfen. Die Personenfreizügigkeit habe auch negative Folgen und führe etwa auf dem Arbeitsmarkt zu einem "Verdrängungsprozess", meinte der FPÖ-Chef. Die EU, kritisierte Strache, lehne es ab, die Freizügigkeit überhaupt zu diskutieren.

Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) versuchte daraufhin zu beruhigen. Am Rande eines Treffens mit dem albanischen Premier Edi Rama sagte Strache am Mittwoch: "Die Position der österreichischen Bundesregierung zur Personenfreizügigkeit ist klar und auch das Regierungsprogramm ist klar pro-europäisch. Der Herr Vizekanzler sollte daher nicht über- oder falsch interpretiert werden." Auch Bundespräsident Alexander Van der Bellen hatte sich auf seiner Estland-Reise zu dem Vorstoß Straches kritisch geäußert.

"Starkes Europa braucht mehr Geld"

Dass einige EU-Staaten, darunter auch die schwarz-blaue Regierung von Bundeskanzler Kurz, die EU-Kompetenzen unter dem Stichwort "Subsidiarität" wieder zurückverlagern wollen, beurteilte Asselborn skeptisch: "Man darf solchen Schnellschüssen nicht auf den Leim gehen. Wir brauchen mehr Europa, ein Europa, das effizienter ist. Es gibt in vielen Fragen keine gemeinsame Position in der Außenpolitik mehr. Dafür würden wir Mehrstimmigkeit bei EU-Entscheidungen brauchen."

Bezüglich seiner Erwartungen von der Anfang Juli beginnenden EU-Präsidentschaft Österreichs sagte der Luxemburger Sozialdemokrat: "In seiner diplomatischen Kultur ist Österreich ein Brückenbauer, ein Land, das zuhören kann und ein ehrlicher Makler ist. Österreich muss sich bewusst sein, dass ein starkes Europa mehr Geld braucht. Von vornherein zu sagen, dass wir weniger Geld brauchen, ist falsch. Es gibt den Brexit, die Forderung nach mehr Digitalisierung, einem wirksamen Außengrenzschutz und mehr Mittel für die Bewältigung der Flüchtlingskrise."

Österreichs aktuelle Haltung in der Flüchtlingsfrage sieht Asselborn kritisch: "Es ist einfach nicht richtig, zu sagen, dass wir Migrationsprobleme auslagern können. Es gilt die Genfer Konvention zu respektieren: Menschen, die verfolgt werden, müssen wir aufnehmen. Es ist allzu populistisch, den Eindruck zu vermitteln, dass wir uns abschotten können. Das hört man aber aus Österreich gebetsmühlenartig." Gegen illegale Migration werde ohnehin vorgegangen, erinnerte Asselborn: "Die EU verstärkt den Außengrenzschutz Frontex und unterstützt die Herkunftsländer der Migranten."

>>> Interview im "Kurier".

(APA)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Europa

Van der Bellen: Straches Vorstoß hat "absolut keine Chance"

FPÖ-Vizekanzler Strache hatte die Abschwächung der EU-Personenfreizügigkeit vorgeschlagen. Der Bundespräsident hält das für nicht umsetzbar. Bundeskanzler Kurz verteidigt Strache: Man solle dessen Aussagen "nicht überinterpretieren".
Karas
Europa

Karas-Angriff auf Strache: "Er rüttelt an den Grundrechten der Bürger"

Der EU-Abgeordnete Karas (ÖVP) wirft FPÖ-Vizekanzler Strache vor, bei EU-Themen ständig zu "zündeln". Strache hatte zuvor die Personenfreizügigkeit infrage gestellt.
Austrian Chancellor Sebastian Kurz and Vice Chancellor Heinz-Christian Strache attend a news conference in Mauerbach
Europa

Strache stellt EU-Personenfreizügigkeit infrage

Der Vizekanzler (FPÖ) sieht das "Potenzial Osteuropas für Westeuropa abgezogen" und beklagt einen "Verdrängungsprozess" am österreichischen Arbeitsmarkt.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.