Unis (fast) ohne öffentliche Hand

Im Gegensatz zum restlichen Hochschulsektor können die Privatuniversitäten ihre Studiengebühren frei festlegen.
Im Gegensatz zum restlichen Hochschulsektor können die Privatuniversitäten ihre Studiengebühren frei festlegen. (c) fotobieshutterb - Fotolia (congratulations graduates on top)
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Privat-Unis. Kritiker sagen: Zu wenig Forschung, intransparente Finanzierung. Befürworter sprechen von einer innovativen Belebung. Die streitbare Welt der Privatuniversitäten.

Als Geburtsstunde der heimischen Privatuniversitäten gilt das Jahr 1999 mit der Verabschiedung des Privatuniversitätengesetzes (PUG). Mit Leben erfüllt wurde die gesetzliche Grundlage erstmals im August 2000 mit der Akkreditierung der Katholisch-Theologischen Privatuniversität, KTU Linz. Auf der Suche nach der Grundsteinlegung für Österreichs Privatuniversitäten könnte man, je nach Blickwinkel, aber auch in Wien fündig werden. 1981 gründete die amerikanische Webster University ihren Campus in Wien und startete 1985 ihr erstes akkreditiertes MBA-Programm in Österreich. Zur Privatuniversität avancierte der Webster Vienna Campus 2001.

In den ersten zehn Jahren des neuen Jahrtausends folgte ein regelrechter Boom. Rund 150 Projektbetreiber hatten Interesse bekundet, mehr als 50 beantragten eine Akkreditierung. Aber nur 17 passierten bis dato die Auflagen der Agentur für Qualitätssicherung und Akkreditierung Austria (AQ Austria), vier davon strichen wieder die Segel.

Manche hatten es sich wohl einfacher vorgestellt. Denn im Gegensatz zu den öffentlichen müssen die privaten Unis (analog zu FH) sowohl eine institutionelle als auch eine Programmakkreditierung durchlaufen. „Privat-Unis sind deutlich engere Grenzen gesetzt, was die Ausgestaltung ihres Studienangebots – und somit die Vergabe von Doktorgraden – und den Nachweis der Qualität betrifft“, sagt Kurt Schmid, Mitautor des IBW-Forschungsberichts „Privatuniversitäten: Entwicklung und Ausblick“ von 2017. Dafür haben sie laut Studie die im Vergleich großzügigsten Handlungsspielräume bei der Auswahl ihrer Studierenden und bei der Finanzierung durch Studiengebühren. So dürfen die Privaten etwa als einziger Hochschulsektor die Höhe der Studiengebühren selbst bestimmen. Eine Notwendigkeit in Anbetracht des Bundesfinanzierungsverbots – das in der Realität allerdings geschickt umschifft wird, wie Kritiker anmerken.

Hochschule oder Universität?

Auch wenn Privatuniversitäten vom Bund kein Geld erhalten dürfen, wird der Steuerzahler über Umwege zur Kasse gebeten. So sind an acht der 13 Anbieter Länder, Gemeinden, Wirtschaftskammer, Kirche oder staatliche Hochschulen beteiligt. Antonio Loprieno, Vorsitzender des österreichischen Wissenschaftsrats, möchte deshalb mehr Transparenz: „Es geht um die Finanzierung des gesamten Hochschulsystems. Begrüßenswert wäre, wenn die öffentlichen Gelder in koordinierter Form den Bildungseinrichtungen zugutekommen.“ Ein Wunsch, der sich freilich auf alle Hochschulsektoren erstreckt. Zielgerichteter ist da schon der Vorwurf, dass viele Privatuniversitäten deutlich mehr lehren als forschen. Insofern führe der Titel „Universität“ laut Wissenschaftsrat in die Irre. Die Empfehlung der Experten: „Der Typus der Privathochschule soll jenen der Privatuniversität ergänzen.“

Eine Idee, die Vertretern von Privatuniversitäten gar nicht zusagt. Gegen den Vorwurf mangelnder Wissenschaftlichkeit wehrt sich etwa Alfred Pritz, Rektor der Sigmund-Freud-Privatuniversität Wien (SFU): „Man muss uns auch die Möglichkeit geben, dass wir uns entwickeln können.“ Schließlich könne man nicht erwarten, nach ein paar Jahren dieselbe Forschungsinfrastruktur zu haben wie jahrhundertealte Universitäten. Karl Wöber, Präsident der Privatuniversitäten-Konferenz (ÖPUK), verweist zudem darauf, dass „ein Vergleich der Forschungsaktivitäten und F&E-Personalressourcen zeigt, dass Privatuniversitäten über einen ausgewogenen Mix aus Grundlagenforschung und angewandter Forschung verfügen“.

Weitgehend einig sind sich die Experten, dass Privatuniversitäten den Wettbewerb innerhalb des heimischen Hochschulsektors in den letzten Jahren belebt haben. „Sie sind zu einem integralen Bestandteil unseres Bildungssystems geworden“, sagt Belinda Hödl von der Abteilung für Bildungspolitik der WKO. 13 Einrichtungen haben aktuell ihre Pforten für 10.200Studierende geöffnet. „Das entspricht einem Anteil von knapp drei Prozent aller Studierenden“, so Schmid.

Europa-Vergleich: Noch Luft nach oben

Wie sehr noch Luft nach oben ist, zeigen internationale Vergleichswerte. Europaweit besuchen rund sieben Prozent aller Universitätsstudierenden eine Privatuniversität. „Wachstumspotenzial ist vorhanden“, konzidiert Wöber. Allerdings müsse das nicht zwangsläufig über eine Vermehrung der Häuser laufen: „Das Studentenwachstum soll aus den bestehenden Einrichtungen heraus erfolgen, etwa durch neue innovative Studien und durch die Kooperation mit strategischen Partnern.“

Am Ausbau der Angebots dürften auch die Studierenden interessiert sein. Laut IBW-Forschungsbericht sehen 60 Prozent der an einer Privatuniversität Studierenden für sich sehr gute oder gute Chancen auf dem Arbeitsmarkt – fünf Prozent mehr als unter den Studierenden an öffentlichen Universitäten.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 02.06.2018)

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