Österreich sollte Putin deutlich wissen lassen, wo es hingehört

Sympathisanten hat Putin auch in einem Teil der österreichischen Regierung. Die FPÖ hat einen Freundschaftsvertrag mit der Kreml-Partei Einiges Russland geschlossen und hätte am liebsten schon im Koalitionsabkommen einen Ausstieg aus den EU-Sanktionen angekündigt.
Sympathisanten hat Putin auch in einem Teil der österreichischen Regierung. Die FPÖ hat einen Freundschaftsvertrag mit der Kreml-Partei Einiges Russland geschlossen und hätte am liebsten schon im Koalitionsabkommen einen Ausstieg aus den EU-Sanktionen angekündigt.(c) APA/AFP/Sputnik/ALEXEI DRUZHININ
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Für Russlands Präsidenten ist nur eine schwache EU eine gute EU. Jede Spaltung des Westens schafft Spielraum für ihn. Wien sollte dabei nicht behilflich sein.

Es läuft gut für Wladimir Putin. Je lascher, konzeptloser und uneiniger der Westen agiert, desto näher kommt der Kreml-Herrscher seinem Traum, Russland zu alter Größe zu verhelfen. Seit 2016 fällt dem russischen Präsidenten ein geopolitisches Geschenk des Himmels nach dem anderen in den Schoß: erst die Wahl Donald Trumps zum Staatsoberhaupt der Vereinigten Staaten, dann das Brexit-Referendum und der Siegeszug europaskeptischer Populisten, der nun mit dem Amtsantritt der neuen, betont russlandfreundlichen italienischen Regierung einen neuen Höhepunkt findet. Alle drei Faktoren schwächen den transatlantischen Zusammenhalt und die Europäische Union. Und das ist Putin nur recht, denn es vergrößert seinen Spielraum.


Nur eine starke geschlossene EU kann ihm die Stirn bieten. Deshalb verbündet sich Putin gern mit Gegnern des Integrationsprojekts von Budapest bis Rom. Deshalb nützt er jeden Spalt, um Zwietracht und Verunsicherung zu säen oder zu vergrößern. Ein Heer von Informationstrollen, von freiwilligen oder unfreiwilligen Helfern hilft ihm dabei. Putin hat seine Anhänger in Europa. Denn er bedient Sehnsüchte nach einem starken Mann, der Ordnung schafft.


Sympathisanten hat Putin auch in einem Teil der österreichischen Regierung. Die FPÖ hat einen Freundschaftsvertrag mit der Kreml-Partei Einiges Russland geschlossen und hätte am liebsten schon im Koalitionsabkommen einen Ausstieg aus den EU-Sanktionen angekündigt. ÖVP-Bundeskanzler Sebastian Kurz fällt beim Wien-Besuch des russischen Präsidenten am Dienstag die Aufgabe zu, Österreich angesichts des nahenden EU-Vorsitzes in der zweiten Jahreshälfte auf Kurs zu halten. Und da muss außer Zweifel stehen, dass sich die Republik solidarisch verhält und an Brüssel orientiert, nicht an Moskau.
Man kann lang grundsätzliche Debatten über die Sinnhaftigkeit von oft kontraproduktiven Sanktionen führen. Doch die EU hat aus gutem Grund ein kräftiges Zeichen gegen die völkerrechtswidrige Annexion der Krim, gegen die Verschiebung von Grenzen und die russische Destabilisierung der Ostukraine gesetzt. Eine Aufhebung der Strafmaßnahmen ist an klare Bedingungen geknüpft: Russland muss seine im Minsker Abkommen eingegangenen Verpflichtungen erfüllen.
Man kann über eine schrittweise Aussetzung diskutieren. Doch ohne jegliche politische Gegenleistung sollte die EU ihre Sanktionen gegen Russland keinesfalls aufgeben. Sonst gibt sie sich der Lächerlichkeit preis und Putin einen Freibrief für künftiges Fehlverhalten.


Österreich kommt im Umgang mit Moskau eine gewisse Sonderrolle zu. Die Russen schätzen den neutralen Status der Republik – und auch die langjährige Energiepartnerschaft. Das eröffnet Gesprächs- und Geschäftsmöglichkeiten.


Doch deshalb sollte die Anbiederung nicht ins Peinliche abdriften. Den diesbezüglichen Tiefpunkt erreichte die Republik, als sie 2014, nur ein paar Monate nach der Krim-Annexion, den roten Teppich für Putin ausrollte. So schlimm wird es diesmal hoffentlich nicht kommen, solang man Strache und Co. mit dem Gast aus Moskau nicht allein vor ein offenes Mikrofon lässt.

Es ist im Interesse Österreichs, gute Beziehungen zu Russland zu pflegen. Doch ihre Prinzipien, ihre Verankerung im westlichen Wertesystem der Aufklärung sollte die Republik dabei bitte nach Möglichkeit nicht über Bord werfen. Das erwartet nicht einmal der Kreml. Es ist auch nichts an einer gedeihlichen ökonomischen Zusammenarbeit auszusetzen. Doch auch da schadet es nicht, die Dimensionen zurechtzurücken. In ihren Jammertiraden gegen die EU-Sanktionen tun manche österreichische Politiker und Manager so, als hinge das Wohl und Wehe des Landes vom neuen Moskauer Zaren ab. Das ist nicht ganz der Fall: Russland rangiert lediglich auf Platz 16 der österreichischen Handelspartner, die USA übrigens hinter Deutschland und Italien auf Platz drei.


Österreich sollte 63 Jahre nach dem Staatsvertrag und 23 Jahre nach dem EU-Beitritt wissen, wo es hingehört – und das Wladimir Putin auch deutlich wissen lassen: in den Westen.

E-Mails an: christian.ultsch@diepresse.com


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