Italien: Neuer Ministerpräsident gibt einwanderungskritischen Kurs vor

APA/AFP/ANDREAS SOLARO
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"Wir haben einen radikalen Wandel geschaffen", läutet Giuseppe Conte seine neue Amtszeit ein. Die Asylpolitik soll verschärft werden, die öffentlichen Ausgaben steigen.

Italiens neuer Ministerpräsident Giuseppe Conte hat zum Auftakt seiner Amtszeit einen einwanderungs- und eurokritischen Regierungskurs ausgegeben. "Die Wahrheit ist, dass wir einen radikalen Wandel geschaffen haben. Und darauf sind wir stolz", sagte der 53-Jährige in seiner Antrittsrede vor dem Senat in Rom am Dienstag. Flankiert von den zwei Chefs der beiden Koalitionspartner bekräftigte er die wesentlichen Punkte des Programms der populistischen 5-Sterne-Bewegung und der rechtsgerichteten Lega. Die Asylpolitik soll verschärft werden, um die Einwanderung besonders aus afrikanischen Ländern zu drosseln. Die öffentlichen Ausgaben sollen zur Ankurbelung des Wirtschaftswachstums steigen - trotz Italiens riesigen Schuldenstands.

Conte betonte, Italiens Interessen stimmten mit denen Europas überein. "Europa ist unsere Heimat." Auch stehe Italien zur Nato. Die westliche Diplomatie müsse sich aber für Russland öffnen.

Conte ist ein auf politischer Bühne bislang weitgehend unbeschriebenes Blatt. Der Juraprofessor der Universität Florenz ist parteilos, steht aber der 5-Sterne-Bewegung nahe. Deren Chef, Luigi Di Maio, und der Lega-Vorsitzende Matteo Salvini hatten sich auf ihn als Kompromisskandidaten für den Posten des Ministerpräsidenten geeinigt. Manche Beobachter bezweifeln, dass Conte der Regierung seinen eigenen Stempel aufdrücken kann. Di Maio ist Arbeits- und Industrieminister, Salvini ist Innenminister.

Vertrauensabstimmung im Parlament

Vorwürfe, die Regierung sei populistisch und gegen das System, wies Conte zurück. Eine Priorität seiner Regierung sei es, die soziale Not zu lindern. Dazu will er auch Europa in die Pflicht nehmen. Die Regeln der Euro-Zone müssten darauf ausgerichtet sein, "den Bürgern zu helfen". Die Italiener hätten ein Recht auf ein Grundeinkommen und einen Mindestlohn. Die Schulden des Landes seien vollkommen tragbar. Sie müssten aber durch das Wirtschaftswachstum verringert werden. Dieses wiederum müsse nachhaltig über die Haushaltspolitik und öffentliche Ausgaben sichergestellt werden.

Das "Geschäft mit der Einwanderung" müsse beendet werden, forderte Conte. Er kritisierte eine falsche Solidarität, die die Einwanderung befördert habe. Italien dürfe bei dem Thema nicht alleingelassen werden. Das Dubliner Abkommen müsse geändert werden, Asylsuchende sollten automatisch auf die EU-Länder verteilt werden.

Im Laufe des Tages stand ein Vertrauensvotum im Senat an, wo 5-Sterne und Lega eine Mehrheit von zehn Stimmen haben. Am Mittwoch soll die Abstimmung in der Abgeordnetenkammer folgen. Die neue Regierung war am Freitag nach monatelangem Tauziehen vereidigt worden. Die Finanzmärkte hatten nervös auf die Ankündigung reagiert, Investitionen zu erhöhen, Steuern zu senken und die Schuldenregeln der EU zu überarbeiten. Furcht vor einer neuen Euro-Krise machten die Runde. Italien ist in der Euro-Zone das Land mit der höchsten Staatsverschuldung nach Griechenland. Während Contes Rede rutschte die Mailänder Börse ins Minus. Es habe keine Signale gegeben, dass die Regierung ihre Ankündigungen abmildern werde, sagte Zinsstratege Antoine Bouvet von der japanischen Bank Mizuho.

(APA/Reuters)

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