Teslas zweites Leben

Laptops, Smartphones und Elektroautos laufen mit Lithium-Ionen-Batterien.
Laptops, Smartphones und Elektroautos laufen mit Lithium-Ionen-Batterien. (c) REUTERS (Arnd Wiegmann)
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In Bremerhaven holt die steirische Saubermacher AG wertvolle Metalle aus dem Elektronikschrott der Zukunft.

Bremerhaven. Europas Automobilindustrie ist in Aufruhr. Alleine in Deutschland gefährdet die Elektromobilität Zehntausende Arbeitsplätze, warnte Bosch eben erst. Regierungen beraten emsig, ob und wie der Kontinent es schaffen kann, sein eigenes Batteriewerk auf die Beine zu stellen, um Anschluss an die Asiaten zu gewinnen. Die Akkus gelten als größte Schwachstelle der E-Mobilität. Für den steirischen Entsorger Saubermacher sind sie der Stoff, aus dem die Träume sind.

Denn in den durchschnittlich 180 Kilogramm schweren Akkus steckt nicht nur ausreichend Energie, um die Stromboliden zu bewegen, sondern auch jede Menge wertvolle Metalle: 36 Kilogramm Aluminium, 30 Kilogramm Kupfer, drei Kilogramm Lithium und immerhin 15 Kilogramm Kobalt. Ein seltener Rohstoff, der unter prekären Bedingungen abgebaut wird und immerhin um 70.000 Euro je Tonne gehandelt wird.

„Der Batterie-Tsunami kommt“

Aber nicht nur Elektroautos brauchen Lithium-Ionen-Batterien. „Jedes vierte Fahrrad fährt schon elektrisch“, weiß Saubermacher-Gründer Hans Roth. Auch Laptops, Smartphones und Rasenroboter holen sich die Energie meist aus Lithium-Ionen-Akkus. Noch landen nur wenige dieser Batterien im Abfall. Das wird sich aber bald ändern, ist Saubermacher-Vorstand Ralf Mittermayr überzeugt. Nach rund zehn Jahren müssen E-Autobatterien getauscht werden. „Da kommt ein Batterie-Tsunami auf uns zu“, sagt Mittermayr.

Grund genug für den steirischen Abfallentsorger, sein Batteriewerk in Bremerhaven um drei Millionen Euro mit einer neuen Anlage für das Recycling von alten Lithium-Ionen-Batterien aufzurüsten. In sechs Jahren Forschung hat das Unternehmen ein eigenes Verfahren entwickelt, mit dem es bis zu 70 Prozent des Materials in den ausgedienten Akkus wieder verwertbar machen kann. Dafür werden sie entladen, eine Stunde lang händisch zerlegt, thermisch behandelt und als Metallgranulat oder -pulver weiterverkauft. Ein klassischer Abnehmer sind etwa Schiffswerften, die ihre Boote aus recycelten Alukupferlegierungen bauen.

„Am liebsten sind uns Tesla-Batterien“, sagt Astrid Arnberger. Die Forscherin leitet das Batterie-Research-Team bei Saubermacher und hat das neue Verfahren mitentwickelt. Tesla ist deshalb so beliebt, weil der kalifornische Hersteller besonders viel Kobalt verwendet und statt einer Flachzelle viele Rundzellen verbaut, die jeweils eine eigene Aluumantelung haben. Jedes Gramm Alu mehr, macht den Prozess wirtschaftlicher. Über den Verkauf alleine rechnet sich das Recycling der Elektroauto-Batterien dennoch nicht. Den Rest übernehmen die Hersteller, die gesetzlich verpflichtet sind, eine gewisse Recyclingquote zu erfüllen.

Saubermacher rechnet vorerst mit einem Volumen von 2000 Tonnen pro Jahr. Die Anlage ist auf 10.000 Tonnen konzipiert. An Batterien wird es – auch ohne europäisches Akkuwerk – nicht mangeln. Samsung SDI hat erst kürzlich in Ungarn ein großes Batteriewerk für Elektroautos eröffnet. Die Lage der Saubermacher-Tochter Redux in Bremerhaven erweist sich als Glücksgriff. Mit dem Schiff ist Europas Elektroauto-Pionier Dänemark nur noch einen Steinwurf entfernt.

Saubermacher ist nicht das einzige Unternehmen, das es auf diesen Markt abgesehen hat. Batteriehersteller und Autobauer überlegen, eigene Recycling-Anlagen zu bauen. In der Autoindustrie sehe man kaum ernstes Interesse, beruhigt Saubermacher. Und mit den großen Batteriebauern suche man die Kooperation. Große Sorge, dass Lithium-Ionen-Akkus überhaupt abgelöst werden könnten, hat Forscherin Arnberger nicht. Erst 2040 werde die Industrie umsteigen. Und dann dauere es immer noch Jahrzehnte bis die letzten Lithium-Ionen-Akkus ihr zweites Leben starten würden.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 07.06.2018)

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