ORF: "Wichtigster Auftrag ist journalistische Unabhängigkeit"

Zeiler: "Ich kenne das Management der BBC. Dort hat keiner Angst vor einer Volksabstimmung."
Zeiler: "Ich kenne das Management der BBC. Dort hat keiner Angst vor einer Volksabstimmung."APA/ROLAND SCHLAGER
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Gerhard Zeiler erteilt bei der Medienenquete der Budgetfinanzierung des ORF eine Absage. Er sei aber personell überbesetzt und das Management müsse Fehler zugeben können.

"Unbequem sein gegenüber der Politik." Das betont Gerhard Zeiler, als TV-Boss prominenter Sprecher bei der Medienenquete, bei den Aufgaben des ORF. Und er sieht ihn als wichtig, als notwendig. Eine Liste mit Aufträgen für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk hatte er am Donnerstag dabei, an deren erster Stelle die journalistische Unabhängigkeit stand - und hier eingeschlossen auch die journalistische Unbequemheit. Gegenüber der Politik insgesamt - der Regierung wie auch der Opposition. Dazu gehöre journalistischer Mut (an dem habe es allerdings noch nie gefehlt) und "Mut des Managements". Der Mut, Nein zu sagen. Fehler müsse man sofort zugeben.

Der zweite Auftrag heiße auf vielen Ebenen Österreich, und da gebe es bei der Programmschöpfung noch Luft nach oben. Dann sei eine Breite des Programms wichtig, der ORF müsse auch in Zukunft alle Sendegenres anbieten können; und eine "Ausweitung der digitalen Programmaktivitäten". Ex-ORF-Generaldirektor Zeiler hält nichts vom YouTube-Verbot für den ORF, aber auch nichts von dessen Rückzugsplänen von Facebook. Schließlich gebe es noch den "Auftrag zur Effizienz und Sparsamkeit. Ich kenne viele öffentlich-rechtliche Anstalten weltweit", sagte der frühere ORF-Generaldirektor und Chef von Turner International. "Ich kenne keine, der wirklich ein Ausbund an Effizienz ist."

ORF ist "overstaffed"

Der ORF sei "überbürokratisiert und "overstaffed", also personell überbesetzt. Gebührenzahler müssten das Gefühl haben, dass mit ihrem Geld effizient umgegangen werde. Wenn der ORF seine Aufträge erfülle, müsse man auch keine Angst vor einer etwaigen Volksabstimmung haben. "Ich kenne das Management der BBC. Dort hat keiner Angst vor einer Volksabstimmung, weil sie genau wissen, dass sie das haushoch gewinnen würden." Die Budgetfinanzierung sei unabdingbar. Sie "muss die wesentliche Grundlage der Finanzierung eines Öffentlich-Rechtlichen sein. Da kann es keine Diskussionen geben. Denn die Alternative, um es vorsichtig zu sagen, gefährdet zumindest einen, und zwar den wichtigsten, Teil des Auftrags."

In der derzeit viel beschworenen Zusammenarbeit zwischen Privaten und Öffentlich-rechtlichen sieht Zeiler vor allem Potenzial bei der gemeinsamen Werbevermarktung, "nicht nur im digitalen Bereich", und im teilweisen gemeinsamen Erwerb von Sportrechten. Für beides gebe es internationale Beispiele. Medienminister Gernot Blümel (ÖVP) habe nun eine "hohe Verantwortung", schloss Zeiler: Eine Medienlandschaft mit Vielfalt und "fairen Marktbedingungen" zu ermöglichen und: "Dass diese Medien von der Politik unabhängig sind und die Politik unabhängig von den Medien ist."

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Zur Person

Zeiler war in den achtziger Jahren Pressesprecher der Bundeskanzler und SPÖ-Chefs Fred Sinowatz und Franz Vranitzky, danach wechselte er als Generalsekretär in den ORF, war Geschäftsführer bei den deutschen Privatsendern Tele 5 und RTL 2, eher 1994 ORF-Generalintendant wurde. 1998 übernahm Zeiler die RTL-Geschäftsführer und stieg in der Folge zum obersten Chef der RTL Group auf. Seit 2012 ist der erfolgreiche Medienmanager Präsident von Turner Broadcasting System International, der TV-Tochter von Time Warner, die Sender wie CNN, TNT oder Cartoon Network betreibt.

(rovi)

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