Pjöngjang an der Donau

Die Slowakei verordnet ihren Bürgern per Gesetz die Heimatliebe. Kommt als Nächstes die gesetzlich angeordnete Politikerliebe?

In dieser skurrilen mitteleuropäischen Welt der verkrampften Nostalgiker, der nationalistischen Paranoiker und der verklemmten Kleinbürger gehören die Slowaken zu den größten Komplexlern. Nichts zeigt dies deutlicher als das jetzt verabschiedete Gesetz, das Heimatliebe gesetzlich verordnet.

Wie kann man auf so eine Idee kommen? Hat die regierende linksnationalistische Koalition von Robert Fico etwa den Eindruck, dass die eigenen Bürger nicht patriotisch genug sind und sie der Staat deshalb zur Vaterlandsliebe zwingen muss? Kommt als Nächstes ein Gesetz, das das slowakische Volk zwingt, seine Politiker – allen voran Premier Fico und Nationalistenchef Jan Slota – zu lieben und zu huldigen? Bewegen wir uns an der Donau also auf Zustände wie in Nordkorea zu, wo das ganze Herrschaftssystem auf Führer-, Regime- und Heimatliebe aufgebaut ist?

Rational erklären lässt sich das slowakische Gesetz eigentlich nur mit dem anbrechenden Wahlkampf für die Parlamentswahl im Juni. Es ist offensichtlich, dass der linke Premier Fico derzeit auch heftig um nationalistische Stimmen wirbt. Dazu dient ihm dieses Gesetz, und dazu soll ihm auch dienen, dass er mit Einmischungen in den ungarischen Wahlkampf erboste Reaktionen in Budapest provozieren will. Blöd nur, dass die großen ungarischen Parteien sich bisher nicht provozieren ließen. Trauriges Mitteleuropa aber, wo diese alten, dummen nationalistischen Spielchen noch immer so hochaktuell sind. (Bericht: Seite 6)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 05.03.2010)

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