Putin und Trump könnten einander in Wien treffen

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Der russische Präsident soll Kanzler Kurz gebeten haben, ein Treffen mit dem US-Präsidenten in Österreich zu arrangieren, berichtet das "Wall Street Journal". Das Kanzleramt hat den Bericht noch nicht bestätigt.

Die Regierungen in Moskau und Washington erwägen einem Medienbericht zufolge ein Treffen ihrer Präsidenten Wladimir Putin und Donald Trump. "Wir denken über den Präsidenten-Gipfel nach, und in Gesprächen mit amerikanischen Partnern kommt diese Frage auf. Aber es gibt noch keine Übereinkunft", zitierte die Nachrichtenagentur RIA am Freitag Diplomatenkreise. Und dieser Gipfel könnte in Wien stattfinden.

Das "Wall Street Journal" berichtete jedenfalls, dass Putin während seines Wien-Besuches Anfang der Woche Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) gebeten haben soll, ein Treffen mit Trump in Wien zu organisieren. Er, Putin, bevorzuge einen "neutralen Ort". Kurz habe zugesagt, sich dahingehend an Trump zu wenden. Nach Angaben des Blattes könnte das Treffen der Staatsoberhäupter bereits im Juli stattfinden.

Das Weiße Haus prüfe das Angebot derzeit, berichtete das "Wall Street Journal" unter Berufung auf einen "europäischen Diplomaten". "Die Österreicher haben ihren Willen zum Ausdruck gebracht, ein Treffen zwischen Präsident Trump und Präsident Putin auszurichten", sagte ein Beamter des Nationalen Sicherheitsrates der USA laut der Zeitung. Trump und Putin hätten schon früher die Möglichkeit eines Treffens erörtert, "wir haben aber noch nichts anzukündigen".

Kanzleramt: "Kein Kommentar"

Aus dem Bundeskanzleramt war zu den Medienberichten am Freitag zunächst nichts zu erfahren. Auf Anfrage wollte ein Sprecher den Bericht des "Wall Street Journal" weder bestätigen noch dementieren. Auch die Frage, ob es seit dem Besuch Putins in Wien am Dienstag einen Kontakt zwischen Kanzler Kurz und Präsident Trump gegeben habe, beantwortete der Sprecher nicht. "Im Moment gibt es zu dem Ganzen keinen Kommentar", sagte der Sprecher. Er verwies auf eine mögliche spätere Stellungnahme. Im Juli würde sich Trump zumindest in Europa aufhalten: Geplant sind eine Teilnahme des US-Präsidenten beim Nato-Gipfel in Brüssel sowie ein Besuch in Großbritannien.

Einen hochrangigen Vertreter der USA trifft Kurz jedenfalls kommende Woche: Bei einem Besuch in Berlin ist er am Mittwoch beim Botschafter der USA in Deutschland, Richard Grenell, eingeladen. Es ist unüblich, dass ein Botschafter einen Regierungschef bei einem Besuch im Gastland einlädt. Grenell ist erst seit Kurzem Botschafter; er gilt als enger Vertrauter Trumps. Regierungssprecher Peter Launsky-Tieffenthal hatte am Montag betont, dass das Treffen von Kurz mit Grenell auf beiderseitigen Wunsch stattfinde. Damit widersprach das Bundeskanzleramt ursprünglichen Angaben der US-Botschaft, wonach das Treffen "auf Bitte der österreichischen Seite" zurückgehe. Die geplante Begegnung mit dem Diplomaten in dessen Residenz sorgte in Österreich für Kritik der Oppositionsparteien SPÖ und Grüne und in Deutschland für Aufregung. Grenell ist höchst umstritten u.a. wegen Aussagen, er wolle Konservative in ganz Europa stärken. Er bezeichnete sich als "Fan" von Kurz.

Seit dem Amtsantritt Trumps Anfang 2017 hat es kein eigenes, bilaterales Treffen zwischen Trump und Putin gegeben. Die beiden Staatschefs sprachen lediglich beim G-20-Gipfel in Hamburg im Juli 2017 länger direkt miteinander. Auf dem Gipfel Asiatisch-Pazifischen Wirtschaftsgemeinschaft (APEC) in Vietnam im November des Vorjahres schüttelten sie einander die Hände. Ein ausführliches Gespräch wurde damals vom Weißen Haus unter Verweis auf Terminprobleme abgesagt.

In einem Interview, das Putin rund um seinen Wien-Besuch dem ORF gab, hatte sich der russische Präsident diese Woche auch dazu geäußert, warum es noch immer zu keinem Gipfel zwischen ihm und Trump gekommen ist. Die Verantwortung dafür sah Putin auf US-amerikanischer Seite. "Meiner Ansicht nach ist das die Folge des heftigen innenpolitischen Kampfes in den USA." Aber man telefoniere "regelmäßig" und sei sich darüber einig, dass man einen "Rüstungswettlauf" verhindern müsse, sagte Putin. Wie das "Wall Street Journal" unter Berufung auf einen US-Regierungsvertreter berichtete, hielt sich der US-Botschafter in Russland, Jon Huntsman, bereits vorige Woche in Washington auf, um mit Angehörigen der Trump-Administration die Gipfel-Pläne zu erörtern.

Das Verhältnis zwischen Washington und Moskau ist denkbar schlecht. In zahlreichen internationalen Krisenfeldern sind sich die beiden Mächte uneinig, etwa im Syrien-Krieg, in dem Russland den syrischen Machthaber Bashar al-Assad unterstützt, oder in punkto Atom-Deal mit dem Iran, das die USA aufgekündigt haben, oder dem Weg der kriegsgebeutelten Ukraine Richtung EU und NATO, wo Moskau die pro-russischen Separatisten im Donbass unterstützt. In der Affäre um die Vergiftung des russischen Ex-Doppelagenten Sergej Skripal in Großbritannien wiesen beide Länder heuer Dutzende Diplomaten aus. Im April verhängten die USA neue Sanktionen gegen 38 russische Firmen und Einzelpersonen, darunter sieben Oligarchen. Betroffen waren einige der reichsten Russen und deren Firmen, die eng mit Putin verbunden sind. Damit machten die USA Oligarchen offiziell dafür verantwortlich, dass sie sich an einer autoritären und gegen den Westen gerichteten Politik des Kremls bereicherten.

Im eigenen Land macht Trump die sogenannte Russland-Affäre zu schaffen. Der frühere FBI-Chef Robert Mueller untersucht die mutmaßliche russischen Einflussnahme auf den US-Präsidentschaftswahlkampf 2016 und eine mögliche Verwicklung des Trump-Wahlkampfteams. Außerdem geht er dem Verdacht der Justizbehinderung durch Trump nach. Muellers Ermittlungen richteten sich zuletzt verstärkt auf den Präsidenten persönlich.

>>> Bericht im "Wall Street Journal".

(APA/Reuters)

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