Brennen für das Schöne der Zahlen

In einem Talente-Camp entdeckte der Klagenfurter Benjamin Hackl als Jugendlicher seine Leidenschaft für Zahlen.
In einem Talente-Camp entdeckte der Klagenfurter Benjamin Hackl als Jugendlicher seine Leidenschaft für Zahlen.(c) Fessl/Pöschl
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Mit 15 Jahren als Student an der Uni, mit 23 Jahren schon Herr Doktor: Benjamin Hackl legte einen rasanten Karrierestart hin. Wunderkind sei er aber keines, betont er bescheiden.

Wunderkind ist eine Zuschreibung, die der Kärntner Benjamin Hackl nicht unbedingt gern hört. Dass ihm das Etikett dennoch immer wieder umgehängt wird, ist allerdings nicht verwunderlich: Mit erst 23 Jahren ist der Mathematiker der jüngste Absolvent eines Doktoratsstudiums an der Klagenfurter Alpen-Adria Universität. „Ich bin sicherlich kein mathematisches Genie. Ich habe nur früh gefunden, wofür ich brenne“, meint Hackl ganz und gar nicht kokett.

Schuld daran ist kein engagierter Lehrer und auch keine einschlägig ambitionierte Verwandte, sondern eine Sekretärin des Bundesrealgymnasiums Klagenfurt-Viktring: Weil er am Zeugnistag krank war, erhielt seine Mutter von dieser nicht nur das Dokument, sondern angesichts der Einser-Flut darauf auch jede Menge Infomaterial zur Talentförderung sowie die Aufforderung: „Da muss man was tun.“ In einem Talente Camp entdeckte Hackl schließlich seine Begeisterung für die Mathematik – und inskribierte mit 15 Jahren parallel zur Schule als außerordentlicher Student.

Ärger über Mathe-Klischees

Dem in Wolfsberg geborenen und in Klagenfurt aufgewachsenen Wissenschaftler missfällt das Klischee von der unnötigen und komplizierten Mathematik, das – nicht nur im schulischen Umfeld – gern bemüht wird. „Ich finde es nicht notwendig, diesen Geist dauernd zu beschwören“, so Hackl. Vielleicht fällt es ihm auch wegen dieser Vorurteile nicht ganz so leicht, auf Anhieb zu beschreiben, was für ihn den Reiz an der Disziplin ausmacht. Dieser habe mit der Exaktheit der Mathematik zu tun: „Es handelt sich um eine vollkommen exakte und trotzdem ästhetische Sprache. Alles hängt mit allem zusammen und alles ist schön. Alle Resultate fügen sich und passen genau – quer durch die Mathematik.“ Eine weitere Besonderheit sei die Universalität. „Mathematik ist eine universelle Sprache, die überall auf der Welt gleich gesprochen wird“, wie Hackl nicht zuletzt während Forschungsaufenthalten in Südafrika feststellen konnte, wo er mit Kollegen gemeinsam an Problemen tüftelte.

In seiner Arbeit beschäftigt sich Hackl mit einem Teilgebiet der Mathematik, der analytischen Kombinatorik. Es geht dabei um das Zählen von diskreten Objekten und um präzise Wachstumsangaben. Ausgangspunkt sind Graphen im Sinne von Netzwerken, also Ansammlungen von Punkten, die mit Strichen verbunden sind. So lässt sich etwa das Straßennetz als Graph modellieren, in dem kürzeste Wege gefunden werden können. In seiner Dissertation hat sich Hackl mit ganz speziellen Netzwerken auseinandergesetzt, die keine Kreise beinhalten und Bäume genannt werden. Ein typisches Anwendungsgebiet solcher Bäume ist die Modellierung von Flussnetzwerken. Auf diesen kann dann der sogenannte Horton-Strahler-Index berechnet werden, der in der Geografie ein Maß für die Komplexität von Flussnetzwerken darstellt. Berechnungen, die Hackl in seiner mathematischen Forschung auf abstrakter Ebene verfolgt, würden in dem Fall der Frage nachgehen, wie häufig man Flüsse mit demselben Wert findet – vorausgesetzt alle Flusskonstellationen sind gleich wahrscheinlich. Es handelt sich dabei um Grundlagenforschung zum Verständnis komplexer Strukturen.

Das Ausland ruft

Druck ob seiner rasanten Karrieresprünge verspürt Hackl nur dann und wann: „Bis zu einem Teil habe ich ihn mir bis jetzt auch selbst gemacht, weil ich unbedingt sub auspiciis promovieren wollte.“ Dieses Ziel ist abgehakt. Und jetzt? „Wenn ich auf die Frage nach meinen Zukunftswünschen eine provokante Antwort geben würde, dann müsste ich angesichts der Berufssituation von Jungwissenschaftlern sagen, dass ich mir einen fixen Job an der Uni wünsche“, erlaubt sich Hackl einen Seitenhieb in Richtung Hochschulpolitik.

Er selbst plant, Österreich spätestens wenn sein Vertrag 2021 ausläuft, den Rücken zu kehren und internationale Erfahrungen zu sammeln. Längerfristig strebt der Jungforscher die Habilitation an. Wenn das nicht klappt, könne er immer noch Straßenmusikant werden, scherzt er angesichts einer kürzlich geschenkt bekommenen Ukulele.

ZUR PERSON

Benjamin Hackl hat im Mai mit nur 23 Jahren sein Doktorat in Technischer Mathematik an der Alpen-Adria-Universität beendet. Er ist damit der jüngste Doktor der Klagenfurter Hochschule. Der Titel wird bei einer sub auspiciis-Promotion vom Bundespräsidenten verliehen. Die höchstmögliche Auszeichnung von Studienleistungen in Österreich wird dann vergeben, wenn alle Leistungen seit der Oberstufe mit der besten Note beurteilt wurden.

Alle Beiträge unter: www.diepresse.com/jungeforschung

("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.06.2018)

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