„Public Value“: Was im TV von Wert ist

Da sind sich ORF-Chef Alexander Wrabetz und Markus Breitenecker (Pro7 Sat1Puls4) einig: Beide halten die Sendung „2 Minuten 2 Millionen“ für „wertvoll“.
Da sind sich ORF-Chef Alexander Wrabetz und Markus Breitenecker (Pro7 Sat1Puls4) einig: Beide halten die Sendung „2 Minuten 2 Millionen“ für „wertvoll“.(c) Puls4
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Bei der Medienenquete kam die Frage nach dem öffentlichen Wert zu kurz. Die „Presse am Sonntag“ fragte u. a. ORF-Chef Wrabetz, Verleger-Präsident Kralinger und Neo-Opernchef Roščić, was sie im TV für wertvoll halten.

Wie schwierig es ist, über „Public Value“ von Medien, also ihren öffentlichen Nutzen, zu diskutieren, wurde bei der Medienenquete deutlich: Jeder versteht etwas anderes darunter. Dabei ist der „Public Value“ nicht nur die Existenzberechtigung des ORF – an ihm wollen auch Privatsender gemessen (und dafür gefördert) werden. Wir haben uns am Rande der Enquete umgehört, was so alles im Fernsehen von Wert ist . . .

Information & Dokus

Eine gesunde Demokratie braucht kritische, qualitätsvolle, objektive Nachrichtensendungen – da war man sich einig. Die „ZiB2“ etwa ist auch für Markus Breitenecker vom privaten Sender Pro7Sat1Puls4 „das, was ich am Abend im ORF am liebsten schaue – nicht nur wegen Armin Wolf“. Dessen Putin-Interview gilt einhellig als gutes Beispiel für journalistische Qualität. Im eigenen Programm schaut Breitenecker „Pro und Contra“ mit Corinna Milborn, „weil ich sie für die beste Journalistin Österreichs halte“. Auch Verleger-Präsident Thomas Kralinger outet sich als News-Junkie, schaut „ZiB2“ und Dokus auf N24 und N-TV und liebt es, „wenn Meinung und Fakten klar getrennt sind“. Mit dem Begriff „Public Value“ hat er Probleme, „weil Value in der Finanzwirtschaft von Bedeutung ist – wir reden aber von gesellschafts-, kultur- und demokratiepolitischen Werten“.

Unterhaltung & Sport

Fiktionale Inhalte und Sport bilden ebenso eine Öffentlichkeit wie Nachrichten. „Was ganz Österreich im Gespräch verbindet, sind etwa ,Vorstadtweiber‘ oder ,Dancing Stars‘“, sagt ORF-Chef Alexander Wrabetz. Weil das Land so klein sei, habe der ORF eine „Nation-Building“-Aufgabe: Er könne die Nation mit Programmen „zusammenhalten“. Etwa auch mit „Sport ohne Zusatzkosten“ – wie zum Beispiel heute: mit dem Match Österreich–Brasilien auf ORF eins und Dominic Thiem im French-Open-Finale auf ORF2.

Und „natürlich“ würden auch die Privatsender Wertvolles leisten: So hält Wrabetz etwa „2 Minuten 2 Millionen“ für eine „gelungene Show“. Auch Privat-TV-Chef Breitenecker nennt die Start-up-Show seine „Lieblingssendung auf Puls4“, „weil es keine Castingshow ist, sondern da sitzen Investoren, die wirklich ihr eigenes Geld investieren“.

Kultur & Quote

Bogdan Roščić, designierter Direktor der Staatsoper, hält „Breaking Bad“ für „unglaublich wertvoll“: „Das ist große Oper!“ Allerdings auch eine US-Produktion, von deren finanzieller Ausstattung der ORF nur träumen kann. Qualität geht aber auch billiger, weiß Roščić: „Ich finde, auch Ö1 fällt in dieselbe Kategorie.“ Er halte es mit Gerd Bacher: „Wertvoll ist etwas dann, wenn die Qualität nicht als kommerzielles Produkt erzeugt wird, sondern wegen ihrer selbst. Wenn also das Geld nicht der Zweck ist, sondern ein Mittel.“

Talente & Vielfalt

Die Zuschauer lieben Regionales, z. B. „Bundesland heute“. Künftig werden die Landesstudios mehr Content liefern müssen – dafür wird die Politik als Gegenleistung für die weitere ORF-Finanzierung sorgen. TV-Direktorin Kathrin Zechner hält das Programm für ein „glitzerndes, vielseitiges Angebot“, und für „weit mehr“ als bloß Grundversorgung. Der ORF könne mehr leisen als Privatsender. „Dank der Gebühren haben wir den Freiraum, Talente zu suchen und jahrelang zu begleiten.“ Stefan Ruzowitzky fällt ihr ein. Barbara Eder. Und Michael Haneke, mit dem der ORF (mit HBO) eine neue Produktion entwickelt: „Das ist der Wert, den wir gemeinsam schaffen.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.06.2018)

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