Kurz in Israel: Palästinenser krtisieren "pro-israelische Politik"

APA/AFP/THOMAS COEX
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Bei seiner dreitägigen Israel-Reise wird der Kanzler die Palästinenser-Gebiete nicht besuchen. Die israelische Botschafterin in Wien bezeichnet die israelisch-österreichischen Beziehung "so gut wie nie".

Am Sonntag wird Bundeskanzler Sebastian Kurz zu einem dreitägigen Staatsbesuch in Israel erwarte. Aus gegebenem Anlass kritisieren die Palästinenser die Nahost-Politik Österreichs: Statt der traditionellen, ausgeglichenen Linie sehe er Anzeichen für eine "Kehrtwende" zu einer "eindeutig pro-israelischen Politik", sagte der palästinensische Botschafter in Wien, Salah Abdel Shafi. Dass Kurz im Rahmen seiner Israel-Reise nicht auch die palästinensischen Gebiete besuche, sei "noch ein Signal".

Es sei "Tradition", dass die "Spitzenpolitiker der ganzen Welt, wenn sie in die Region reisen, Israel und Palästina besuchen. Sogar US-Präsident Trump hat sich daran gehalten." Kurz als Außenminister ebenso, erklärte der Botschafter im Gespräch mit der APA weiter.

Der Diplomat vermutet innenpolitische Gründe hinter der Haltung des ÖVP-Chefs. "Wir verstehen, dass es seitens Israels und der israelitischen Kultusgemeinde Vorwürfe gegenüber dem Koalitionspartner in Bezug auf Antisemitismus gibt", so Shafi in Anspielung auf den israelischen Boykott von FPÖ-Ministern. "Man muss Antisemitismus bekämpfen, aber das hat mit dem Nahost-Konflikt nichts zu tun", erklärte der Botschafter. Wenn man das vermische, entstehe der Eindruck, dass die Bundesregierung versuche, sich mittels israelfreundlicher Politik von diesem Vorwurf reinzuwaschen. "Daraus eine innenpolitische Sache zu machen, dafür haben wir kein Verständnis", sagte er.

Kanzleramt spricht von zu dichtem Programm

Das Bundeskanzleramt seinerseits verweist auf zeitliche Schwierigkeiten bei der Israel-Reise angesichts des dichten Programms. Beim nächsten Mal werde Kurz Ramallah wieder einen Besuch abstatten, hieß es.

Schon vor Wochen war es zu einem Zwist zwischen Österreich und Palästina gekommen: Die palästinensische Vertretung hatte Österreich kritisiert, "als einziges westliches EU-Land" an den Feierlichkeiten rund um die Verlegung der US-Botschaft Mitte Mai teilgenommen zu haben. Shafi wurde aus Protest gegen die Teilnahme Österreichs nach Ramallah zurückberufen. Mittlerweile ist er wieder nach Wien zurückgekehrt.

"FPÖ ringt noch mit Herausforderungen"

Die israelische Botschafterin in Wien, Talya Lador-Fresher, hingegen bezeichnete die bilateralen Beziehungen im Interview mit der "Kleinen Zeitung" als "in vieler Hinsicht so gut wie noch nie". Auch wenn die schwarz-blaue Bundesregierung in Israel wegen der Beteiligung der FPÖ umstritten ist.

Dass "das offizielle Israel" aber keine Kontakte mit FPÖ-Regierungsmitgliedern pflegen will, begründete Lador-Fresher folgendermaßen: "Weil die FPÖ noch mit Herausforderungen ringt, von denen wir wünschen, dass sie sie löst. Der Holocaust und die Erfahrung des Antisemitismus sind Teil der Seele und der Politik des Staates Israel. Das ist der Grund, warum die FPÖ so starke Emotionen in Israel hervorruft."

Als die neue österreichische Regierung angelobt wurde, habe Israel seine Politik ihr gegenüber publik gemacht: "Es wurde das gute Einvernehmen zwischen Premier Netanyahu und Kanzler Kurz betont und festgehalten, dass Israel auf Beamtenebene zu allen Ministerien Kontakt halten wird. Unser Außenministerium wurde beauftragt, die Beziehungen zur Regierung zu evaluieren." Dass die ÖVP-FPÖ-Regierung Holocaust-Überlebenden und ihren Nachkommen die Staatsbürgerschaft verleihen will, beurteilte Lador-Fresher verhalten: "Ich warte noch auf Details. Wir glauben aber nicht, dass es sehr viele Leute nutzen werden. Aber für jemanden, der im Ausland studieren will, macht es das Leben sicherlich einfacher."

Treffen mit Netanjahu

Die Reise steht im Zeichen des Gedenkjahrs 1938/2018 und der Betonung der historischen Verantwortung Österreichs, teilte das Bundeskanzleramt im Vorfeld mit. Am Sonntag steht der Besuch der Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem auf dem Programm. Auch ein Treffen mit Holocaust-Überlebenden ist geplant. In Jerusalem will Kurz am Montagabend vor dem Weltforum des American Jewish Committee (AJC) sprechen. Am Montag wird Kurz auch mit Israels Premier Benjamin Netanjahu zusammentreffen.

(APA)

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