TV-Kritik

Grünes Sommergespräch: Wahlplakate analysieren mit Milborn und Kogler

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Was gibt es Wichtigeres, als die PR-Strategie der Grünen zu sezieren? Corinna Milborn auf Puls 4 dürfte meinen: wenig. Parteichef Werner Kogler musste durch.

Die Grünen - da war doch was! Im zweiten Sommergespräch des Montagabends - Moderatorin Corinna Milborn hatte zuvor FPÖ-Chef und Vizekanzler Heinz-Christian Strache ins Studio geladen - wirkte Werner Kogler, Parteichef der Grünen, verhältnismäßig aufregend, zieht man in Betracht, wie wenig Airtime den Bundes-Grünen zuletzt zuteil wurde. Also: nach dem Nationalratswahl-Debakel 2017, als die Partei 3,8 Prozent der Wählerstimmen erhielt und den Wiedereinzug ins Parlament nicht schaffte. Im altbekannten Reigen der Parteichefs - Kurz, Kern, Strache, Strolz, Pilz - ist Kogler somit normalerweise nicht zu finden. Worüber könnte also jemand erzählen, der die Partei in den Scherben der Wahl 2017 übernahm?

Die Frage dürfte man sich auch bei Puls 4 gestellt haben. Die Antwort darauf augenscheinlich: über persönliche Beziehungen zu prominenten (Ex-)Parteimitgliedern. Über unglückliche Kommunikationsstrategien. Über Abtrünnige. Milborn verbrachte den Gutteil der Sendezeit damit, Kogler zu diesen Themen zu befragen - was den wiederum irritierte. Die Moderatorin war offenbar auf der Suche nach Pikantem, und obwohl sie das Interview mit einer Erinnerung daran einleitete, dass die Rolle der österreichischen Grünen gar keine so kleine sei - immerhin sitzen sie in Tirol, Vorarlberg, Wien und Salzburg in Landesregierungskoalitionen, in Oberösterreich stellen sie einen weiteren Landesrat, in Innsbruck den Bürgermeister -, fragte sie Kogler dann erst einmal lang und breit zum Ex-Grünen Peter Pilz aus.

Der ja am Montag zurück ins Parlament gekehrt war. Ob Kogler sich freue, dass durch Pilz' Liste zumindest frühere Grüne im Parlament sitzen würden? "Na, das wäre jetzt wohl übertrieben, da würden Sie mich ja nicht ernst nehmen, wenn ich Ja sagen würde", quittierte Kogler die Frage. Milborn kam nicht umhin, ihm zuzustimmen - und ihr Interesse an Pilz damit zu begründen, dass dieser ja ein Schäufelchen zum Misserfolg der Grünen bei der Nationalratswahl beigetragen habe: "Das ist Grund, warum ich so viel frage", meinte sie. Kogler: "Ich wundere mich auch schon."

"Kommt mir jetzt ein wenig feingliedrig vor"

Die Zuseher wohl auch. Kogler versuchte in den kommenden 20 Minuten, zumindest ansatzweise die Neuaufstellung seiner Partei anzureißen, Milborn war aber wesentlich mehr daran interessiert, Koglers Haltung zu manchen früheren grünen Politikern (zu Eva Glawischnig und Rolf Holub etwa) und deren postpolitischer Jobwahl (Novomatic und Kelag, respektive) zu erfahren - und Kommunikationsstrategien der Partei zu durchleuchten (Stichwort: Salzburger "Heimat"-Wahlplakate). Was in dem bizarren Moment gipfelte, in dem auf dem Bildschirm hinter den Gesprächspartnern ein Cover des Jahre alten "Eva"-Magazins der Grünen eingeblendet wurde, mit dem die Partei damals Jungwähler ansprechen wollte. Dafür hatte Kogler dann nur noch ein müdes Lächeln übrig: "Für das, was wirklich ansteht in der Republik, kommt mir das jetzt ein wenig feingliedrig vor."

Substanzielleres gab es in den knapp 40 Minuten Sommergespräch nur ganz am Schluss, als Milborn schlussendlich einen Schwenk auf das Themenspektrum der Grünen zuließ: Kogler geißelte das Wiener Projekt Lobau-Tunnel als ein Kind der Verkehrsplanung der 1980er- und 1990er-Jahre und kritisierte die Fahrrad-Pläne der türkis-blauen Regierung. Wer die vielen Minuten davor gesehen hatte, dürfte sich gewünscht haben, die Sendung hätte nicht im Sommer 2018, sondern nach der Nationalratswahl 2017 stattgefunden. Die Fragen hätten besser gepasst.


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