Echo-Verleihung: Robbie Williams' leise Rückkehr

(c) AP (Markus Schreiber)
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Die Echo-Verleihung in Berlin kam mit vielen Pannen und ohne echte Abräumer aus. Robbie Williams kickte und Rüpel-Rapper Sido blieb zahm.

In Deutschland haben Preisverleihungen hie und da noch Unterhaltungswert. Da hält beispielsweise Extorhüter Oliver Kahn eine Laudatio auf Robbie Williams (!), während der verdutzte Sänger neben ihm auf der Bühne „geparkt“ wird und über einen kleinen Knopf im Ohr die englische Übersetzung eingeflüstert bekommt.

Bei der britischen Sängerin Sade, die zum ersten Mal seit zehn Jahren wieder auf einer Bühne stand, hatte dieser Übersetzungsdienst kurz davor versagt, was Moderator Matthias Opdenhövel (bitte wer?) aber auch nach wiederholten Hinweisen der Sängerin nicht geknissen hat. Oder warum sonst hat er sie weiterhin so penetrant auf Deutsch mit Fragen bombardiert?

Das waren zweifellos die unerträglichsten Momente der diesjährigen Echo-Verleihung in Berlin, dem insgesamt weitaus unterhaltsameren Pendant zur heimischen Musikpreisverleihung Amadeus. Von den infantilen und humorfreien Anspielungen – sowohl vom männlichen Moderator als auch von seiner ebenfalls unbedarften Komoderatorin Sabine Heinrich –, die Robbie Williams in Bezug auf sein Privatleben über sich ergehen lassen musste, ganz zu schweigen. Ehrlich amüsant war hingegen, dass ausgerechnet Moderator Oliver Pocher die Nominierten für das beste Video national ansagte und dann jenem Mann den Preis übergeben musste, den seine Freundin, Sandy Mayer-Wölden, wegen Beleidigung verklagt: dem Rapper Sido.

Zu einem von manchen vielleicht herbeigesehnten Eklat führte das nicht. Der bekannt scharfzüngige Sido hat mit seiner Maske offenbar auch das Rüpelhafte abgelegt. Das Zeigen des Mittelfingers am Ende seiner Danksagung und das kurze „Grüß Sandy“ wirkte bloß trotzig-pubertär. Mayer-Wölden war die Szene aber sichtlich unangenehm, wie der kurze Kameraschwenk über ihr Pudernäschen bewies. Sie verklagt Sido, weil er sie in einem kurzen Reim als „olle Crack-Braut“ bezeichnet hat, auf 25.000 Euro Schmerzensgeld.

Und was war sonst noch los bei der 19. Echo-Gala in Berlin? Einen klaren Abräumer gab es diesmal nicht, die Herz-Schmerz-Band Silbermond (Nationaler Live-Act und Beste deutsche Gruppe) und der Sänger Jan Delay (Hip-Hop/Rap und Kritikerpreis) erhielten je zwei Preise, der Vorjahresabräumer Peter Fox musste sich diesmal mit einer Trophäe (für das Album des Jahres national) bescheiden.

Weil Christina Stürmer und Dj Ötzi diesmal ausließen, gab es keinen Echo für Österreich. Internationale Preisträger wie Lady Gaga, die sogar drei Echos erhielt, aber mit Abwesenheit glänzte, wurden nicht einmal erwähnt. So feierte sich die deutsche Musikbranche letztendlich selbst. Sänger Peter Maffay wurde für sein Lebenswerk ausgezeichnet, die Laudatio sprach Kollegin Nena. Udo Lindenberg hat hingegen schon Anschluss bei der nächsten Generation gefunden und die Ehrung für Jan Delay übernommen: „Er ist mein Freund und wir haben's beide mit der Nase.“


Mehr als entbehrlich war das schlecht gemachte Michael- Jackson-Memorial-Medley mit singenden Kindern und tanzenden Jacko-Klonen. Wer dem perfektionistischen Meister der Inszenierung ein Denkmal setzen will, sollte es zumindest annähernd so perfekt machen wie der Künstler selbst. Oder noch besser: es bleiben lassen und einen seiner Auftritte zeigen.

Berlins (Party-)Bürgermeister Klaus Wowereit sprach zwar tapfer zu den Gästen, wirkte diesmal aber vergleichsweise müde (vielleicht noch von der Berlinale?). Apropos müde. Beinahe wie sediert wirkte die amerikanische Sängerin Rihanna, bevor sie ihren Liveauftritt absolvierte. Beim sehr lebendigen Auftritt ihrer „Konkurrentin“ Beth Ditto und Gossip klatschte sie nur schlaff.

Robbie Williams hingegen wollte den deutschen Fans sichtlich zeigen, dass er wieder da ist – nicht ohne den inflationär gebrauchten Gruß „Ick bin ein Berliner“ zu gebrauchen. Wenn er auch zugab, noch nicht wieder ganz in Form zu sein: „Ich werde auch noch dünner werden“, sagt er.

Nur deshalb war er wohl angereist, nur deshalb spielte er den guten Kasper und kickte zum Schluss einen Fußball in die Menge, nur deshalb ertrug er die schwachen Fragen des Moderators mit einem Lächeln.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 06.03.2010)

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