Wo sind die künftigen Apples, Facebooks & Co. zu finden?

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Welche glänzend wachsenden Unternehmen wird die Zukunft bringen? Punkto Branchen deutet einiges auf den Agrarbereich und auf die Bereitstellung von Bedarfsgütern und Dienstleistungen für die Bequemlichkeit im Alter hin – innovative Produkte vorausgesetzt.

Mit schmachtendem Blick schauen wohl viele Anleger heute auf die Kurszettel von so manchem amerikanischen Tech-Giganten: Wenn man doch in der letzten Dekade die Apple-Aktien gekauft hätte – hätte man sein Geld bis heute (in US-Dollar gerechnet) in etwa verzweihundertfacht. Allerdings: „Wenn“, „hätte“ und „sollte“ sind an der Börse ungefähr so sinnvoll, wie sich darüber zu ärgern, beim Lottospielen mit unerschütterlichen Treffsicherheit bei jeder einzelnen Zahl des Sechsers genau um eins danebengetippt zu haben. Die Börse ist keine Lotterie, auch wenn es viele so empfinden. Wenn nicht gerade systemische Risiken wie 2008 oder eine allgemeine Blasen-Bildung wie in der Dot-Com-Zeit um 2000 die Kurse durcheinanderbringen, geht es eher um nüchterne Kalkulationen, erwartetes Wachstum von Unternehmen und um die Frage, welche Produkte in Zukunft verstärkt und welche weniger stark nachgefragt werden.

Die Suche nach der Kursrakete?

Monika Rosen ist Chefanalystin der UniCredit Bank Austria. „Eine Kristallkugel haben auch wir nicht“, sagt eine der bekanntesten Vertreterinnen des heimischen Börsen-Geschehens gleich vorweg. Private Kleinanleger würden oftmals versuchen, die perfekte Kursrakete zu erwischen, anstatt Risiken zu streuen. Sie sind dabei häufig das Ziel (nicht immer seriöser) Werbung für Einzel-Titel. Profis wie Monika Rosen gehen ganz anders ans Werk: „Ein wichtiges Werkzeug der professionellen Akteure am Kapitalmarkt ist die Betrachtung einzelner Branchen, nicht vorrangig bestimmter Titel.“ Die große Frage, die sich dabei stellt: Worin bzw. in welcher Branche liegt der nächste große technologische Sprung, der (neuen) Unternehmen Umsatz- und Gewinnsprünge bescheren könnte?

Demographie als Wachstumsschub

„Wichtig ist es, den Blick darauf zu fokussieren, in welche Richtung sich die Welt verändert“, sagt Rosen. Ein Faktum, um das man nicht umhinkommt, ist zunächst einmal die Bevölkerung selbst. Einerseits wächst die Weltbevölkerung stetig weiter und wird – laut Zahlen der „Allianz“ – 2024 die Acht-Milliarden Marke überschreiten. Nur 24 Jahre später sollen bereits neun Milliarden Menschen auf der Erde leben. „Daher könnte eine der nächsten Branchen, die an Bedeutung gewinnt, die Agrar-technik sein“, sagt Rosen. Schließlich müssen all diese Menschen zunächst eines: ernährt werden. Andererseits könnte auch die demographische Entwicklung manchen Unternehmen, die nicht so trendige Produkte wie teure Handys anbieten, einen Wachstumsschub bescheren. Schließlich erreicht die Baby-Boomer-Generation aus der Mitte des letzten Jahrhunderts langsam das Pensionsalter. Diese relativ große und zum Teil finanzkräftige Bevölkerungsgruppe will nun die goldenen Jahre des Lebens verbringen – und wird in der Pension reisen und Produkte benötigen, die das Leben in fortgeschrittenem Alter erleichtern.

Das bedeutet: Die Apples, Facebooks & Co. der 2020-er- und 2030-er-Jahre könnten vielleicht jene Unternehmen sein, die etwa Kreuzfahrten veranstalten, seniorengerechte Produkte und Dienstleistungen anbieten oder könnten auch jene Konzerne sein, die die Ernährung für ganze Länder oder Kontinente sicherstellen.

In künstliche Welten entführen

Diese Gedanken betreffen die großen Oberschwingungen in der Symphonie der Börse. Es gibt aber auch kurzfristigere Unterschwingungen, die ebenfalls das Potenzial zu einer positiven Amplitude haben. „Hier stößt man immer wieder auf die Schlagwörter ,Wearables‘, ,Smart Home‘, ,Smart Speakers‘ und ,Virtual Reality‘“, meint Rosen. Ganz ohne Anglizismen: Es könnte durchaus sein, dass Firmen zum Höhenflug an der Börse ansetzen, die tragbare elektronische Geräte produzieren, mit dem Internet verbundene Geräte-Lösungen für Haushalte anbieten, Mini-Lautsprecher mit dem Klangvolumen einer teuren Stereoanlage herstellen oder ihre Kunden etwa mit speziellen Brillen in künstliche Simulations-Welten entführen. Diese Geräte könnten plötzlich einen Nachfrage-Schub erhalten wie Apple-Produkte vor mehr als zehn Jahren.

Nicht bloß auf eine Idee setzen

Auch Hans Engel, Market Strategist Erste Group, beschäftigt sich intensiv mit kommenden Technologien und Unternehmen, die das Fundament kommender Neuerungen bilden. Auch er tippt nicht blind auf einzelne Titel, wie das manchmal Privatanleger machen. Engel: „Wichtig ist nicht nur, dass ein Unternehmen innovativ ist, sondern auch, dass bereits Produkte da sind, die am Markt nachgefragt werden.“ Ein US-amerikanischer Grafikkartenhersteller etwa ist heute bereits mit Hard- und Software breit aufgestellt – forscht aber auch im Bereich der virtuellen Realität, mit der selbstfahrende Autos risikolos getestet werden können. „Dieses Unternehmen hat bereits Produkte auf dem Markt. Man spekuliert somit nicht mehr nur darauf, dass eine bloße Idee zu großem Erfolg führt“, sagt Engel. Investoren sind somit in etwas sichereren Gewässern unterwegs als bei Unternehmen, bei denen Gedeih und Verderb an einem einzigen Produkt hängt.

Auch das Wann entscheidet

Laut dem Börse-Profi ist es nicht nur wichtig, welche Titel Anleger – vor allem im Sinn einer risikominimierenden, diversifizierten Anlagestrategie – auswählen. Entscheidend ist auch das Wann. Denn bekanntlich herrscht an der Börse ein gewisser Herdentrieb vor: Entweder kaufen alle oder verkaufen alle, obwohl sich die „Welt da draußen“ gar nicht geändert hat. Es kann daher vorteilhaft sein, sukzessive Positionen in interessanten Titeln aufzubauen und Rücksetzer an der Börse zum Einstieg zu nutzen. Dies erspart den Ärger, heute alles Geld in fünf Aktientitel investiert zu haben, die es nur eine Woche später schon viel günstiger gibt, weil der Gesamtmarkt kurzfristig in einen Korrektur-Modus geschalten hat.

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