Asylheim-Schließung: Landeshauptfrau Mikl-Leitner über Vorgehen nicht glücklich

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Die Entscheidung von FPÖ-Landesrat Waldhäusl, die Caritas-Asylunterkunft St. Gabriel zu schließen, sorgt für Aufregung. Mit einer Menschenkette demonstrierten unter anderem Ordensmitglieder für den Verbleib. Die Unterkunft kam durch einen Todesfall in die Schlagzeilen.

Gegen die Schließung der Asylunterkunft St. Gabriel in Niederösterreich mehrt sich der Protest. Nicht nur die Caritas, die die Unterkunft betreibt, auch die Österreichische Gesellschaft für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik (ÖGPP) und der Orden der Steyler Missionare, in dessen Missionshaus die Unterkunft untergebracht ist, kritisierten zuletzt die Pläne von Asyl-Landesrat Gottfried Waldhäusl (FPÖ), das Quartier in Maria Enzersdorf zu schließen und die 110 Bewohner in andere, private Unterkünfte zu verlegen.

Mit einer Menschenkette demonstrierten zudem Priester, Ordensmitglieder, Katholiken aus Pfarren des Wiener Südvikariats und Caritashelfer in Maria Enzersdorf für den Verbleib des Quartiers; sie appellierten auch an Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP), sich der Sache anzunehmen.

Für Mikl-Leitner habe die Versorgung der Bewohner Prioriät. „Die Menschen müssen ordentlich versorgt und betreut werden, das muss sichergestellt werden", sagte Mikl-Leitner. Es gebe nun laufende Gespräche - auch zwischen Landesrat Waldhäusl und der Caritas, meinte die Landeshauptfrau in einer Stellungsnahme. Sie selbst ist offenbar mit der Vorgangsweise ihres Regierungskollegen nicht rundum glücklich. Mitarbeiter der Caritas hätten über die geplante Schließung früher informiert werden müssen, heißt es im St Pöltner Regierungsviertel.

Die Asylunterkunft in Maria Enzersdorf war durch eine Bluttat Anfang Mai in die Schlagzeilen geraten. Ein 25-jähriger Asylwerber aus Nigeria wird verdächtigt, im Flüchtlingshaus einen 26-Jährigen aus Bangladesch, ebenfalls asylsuchend, mit einem Meißel erschlagen zu haben. Der Nigerianer war zwei Tage vor der Tat aus dem Heim verwiesen und mit Betretungsverbot belegt worden. Er hatte dort zwei Bewohner mit der Faust verletzt.

Konkrete Vorfälle bei Unterbringung nicht bekannt

Er sorge sich um die Sicherheit der Bevölkerung, hatte Landesrat Waldhäusl die Entscheidung in einer Aussendung begründet: "Bereits 2015 kam es zu 29 Polizeieinsätzen in und im Umfeld des Objektes. Im Jahr 2016 wurden alleine bis März sage und schreibe 42 Einsätze verzeichnet." Martin Huber, Klubobmann der FPÖ im niederösterreichischen Landtag, wies darauf hin, dass der Vertrag mit dem Land nicht eingehalten worden sei: Die Hausordnung sei nicht vorschriftsgemäß im Gebäude angebracht gewesen, zudem gebe es Lücken bei der Meldepflicht, sanitäre Missstände und zu hohe Reinigungskosten.

Die FPÖ kritisierte auch die Unterbringung der Bewohner. Menschen mit besonderem Betreuungsbedarf - Bewohner im Rollstuhl, Krebspatienten, Pflegefälle sowie Traumatisierte und Kranke - würden nicht getrennt von den minderjährigen unbegleiteten Flüchtlingen untergebracht. Das sei potentiell gefährlich, meinte eine Sprecherin Waldhäusls zur "Presse". Konkrete Vorfälle seien ihr aber nicht bekannt.

Die Caritas zeigte sich über die Anschuldigungen "bestürzt" - und wies die Vorwürfe zurück. Eine räumliche Trennung zwischen den unbegleiteten Minderjährigen und den restlichen Bewohnern sei gegeben. "Es sind zwei separate Trakte, die durch eine Tür getrennt sind", sagte eine Sprecherin der Caritas zur "Presse". Die Tür sei nicht verschlossen, was aber von den Bewohnern so gewünscht werde, hieß es. Zudem seien die Bewohner mit Sonderbetreuung mit ihren Familienangehörigen gemeinsam untergebracht. Die Hilfsorganisation sprach zuletzt erneut eine Einladung an Landesrat Waldhäusl aus, sich selbst ein Bild von der Asylunterkunft St. Gabriel zu machen.

Verschlechterung für psychisch kranke Flüchtlinge

Kritik an der Entscheidung des Landesrates äußerte am Mittwoch auch die ÖGPP. Eine Schließung verschlechtere die Situation der betreuten Bewohner nur noch mehr, hieß es in einer Aussendung.

24 unbegleitete minderjährige Flüchtlinge sowie 37 Menschen mit besonderem Betreuungsbedarf und deren Angehörige leben derzeit in dem Flüchtlingsquartier. Neben Menschen im Rollstuhl, Krebspatienten und Pflegefällen sind darunter auch Traumatisierte und psychisch Kranke. Der ÖGPP sei "aus fachlicher Sicht verwundert und bestürzt", dass die Einrichtung aufgrund des tragischen Vorfalls geschlossen werden soll.

Missionare: "Flüchtlinge sollen bleiben"

Auch der Orden der Steyler Missionare, in dessen Haus sich die Asylunterkunft befindet, spricht sich gegen die Entscheidung von Waldhäusl aus. Eine Verlegung sei nicht im Sinne der Bewohner, hieß es am Dienstag: "Die Flüchtlinge sollen bleiben dürfen." Vor 26 Jahren hatten die Steyler Missionare von St. Gabriel ihr Haus für Flüchtlinge aus dem Bosnienkrieg geöffnet. Seither betreut die Caritas in einem Flügel des Missionshauses Flüchtlinge.

An der Menschenkette in St. Gabriel nahmen laut Kathpress unter anderem der Provinzial der Steyler Missionare, Stephan Dähler, Vizeprovinzial Franz Helm, Rektor Toni Fencz und der frühere "Missio"-Generalsekretär Jakob Mitterhöfer teil. Sie hätten trotz strömenden Regens zeigen wollen: "Unser Haus steht für Flüchtlinge weiterhin offen!", so die Ordensgemeinschaft am Mittwoch auf Facebook. Sie appellierten zudem an Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP), auf den Landesrat einzuwirken.

Wohin die Bewohner von St. Gabriel verlegt werden sollen, stehe bereits fest, sagte die Sprecherin Waldhäusls. Die minderjährigen Flüchtlinge sollen in ein Haus der Jungarbeiterbeweung in Mödling übersiedeln. Wohin die restlichen Bewohner kommen, darüber gab es am Mittwoch noch keine Auskunft. Gegenüber der "Presse" kündigte Waldhäusls Sprecherin aber eine "24 Stunden"- sowie psychiatrische Betreuung für die Betroffenen an. Die Jugendlichen sollen Anfang nächster Woche in das neue Quartier kommen, die restlichen Bewohner spätestens Anfang Juli.

(twi/d.n./APA)

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