Maxi Blaha über Emilie Flöge: "Es ist mir wichtig, eine Botschafterin österreichischer Pionierinnen zu sein"

Emilie Flöge. Geliebte Muse
Emilie Flöge. Geliebte MusePeter Rigaud/Belvedere
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Erst hat Maxi Blaha für Emilie Flöge eigens einen Bausparvertrag aufgelöst. Jetzt verhilft die legendäre Modeschöpferin von Wien um 1900 der Schauspielerin zu einem Welterfolg. Auch für den nächsten "Kulturmontag" schlüpfte Blaha wieder ins schwarz-weiß-gestreifte Reformkleid.

Jedesmal ausverkauft. Es war dieses Frühjahr nicht einfach, Karten zu bekommen für das Solo der Wiener Schauspielerin Maxi Blaha als Klimt-Gefährtin Emilie Flöge im Oberen Belvedere. Zwölf Mal rund 200 Tickets. Der Wermutstropfen für Blaha: Aufgrund des Andrangs konnte sie nicht, wie geplant, vor Klimts "Kuss" spielen, sondern musste in den Marmorsaal ausweichen. "Ich habe zu Hause geweint deswegen", erinnert sie sich. Schattenseite des Erfolgs - sie musste wähend des Stücks eine "Kuss"-Kopie hereinrollen. In New York, wo sie als nächstes (auf Englisch) spielt (12. und 13.7.) wird sie dafür direkt vor der "Goldenen Adele" performen.

Wobei die Kombination mit dem "Kuss" schon speziell gewesen wäre, soll Klimt doch darin seine "Midi" in Umarmung mit ihm selber dargestellt haben. Was allerdings alles andere als gesichert ist. Denn Klimt malte die Modeschöpferin Emilie Flöge nicht so oft, wie man meinen könnte. Das Ganzkörper-Porträt von ihr, heute im Wien Museum, hat Emilie sogar gehasst, sie wollte es nicht, er solle es doch ruhig verkaufen, teilte sie ihm mit. Sie war durchaus nicht nur seine "Muse", wie auch Maxi Blaha im Gespräch betont. Fängt das Stück doch schon einmal damit an, dass sie sich in der Rolle Emilies über Klimts angeblich letzte Worte mokiert: "Die Midi soll kommen!" Was heißt denn das? Ist sie ein Hund? Kommt sie denn immer, wenn er pfeift?

Nein, Emilie Flöge (1874-1952) war eine ungewohnt selbstständige und selbstbewusste Frau im Wien um 1900. Sie betrieb sehr erfolgreich den Avantgarde-Modesalon Flöge mit ihren Schwestern. Zwar wird sie am Anfang, als Mädchen, dem berüchtigten Charme des berühmten Malers verfallen sein, aber als dieser trotz erhaltener Liebesbriefe an die "Midi" mehrere Kinder von mehreren Modellen gleichzeitig bekam und auch noch Alma Schindler (später Mahler) nachstieg, dürfte es Emilie gereicht haben. Sie blieben trotzdem eng befreundet bis zuletzt, sie waren so etwas wie "Walker" füreinander in der Wiener Gesellschaft, also offizielle Begleiter, aber nicht "fix zusammen". Und vor allem auch symbiotische Geschäftspartner - die (jüdischen) Großbürger, die sich Reformkleider von Flöge leisten konnten. Blaha: "Dass Flöge nur eine Muse war, ist einfach falsch. Er war genauso ihre Muse. Darum gehts mir eigentlich, diesen Mythos wegzukriegen. Ich komm mit meinem Mann auch immer in dieses Fahrwasser, das scheint so zu sein, wenn Frauen mit bekannteren Männern liiert sind. Bei der Bertha von Suttner war das auch so. Zwei Wochen war sie die Privatsekretärin vom Nobel in Paris. Und alle Welt sagt, dass die ein Verhältnis hatten und deswegen den Nobel-Preis bekommen hat. Dabei hat sie mit „Die Waffen nieder!“ einen internationalen Bestseller geschrieben!"

Jahrelang schon beschäftigt sich Blaha jetzt schon mit Flöge - erst in Zusammenarbeit mit der Klimt-Foundation. Das jetzige Stück aber hat sie in Eigenregie herausgegeben, hat den Text extra bei der Elfriede-Jelinek-Übersetzerin Penny Black in London beauftragt - und für die Finanzierung sogar, sehr zum anfänglichen Misstrauen ihres Mannes, des Schriftstellers Franzobel, einen Bausparvertrag aufgelöst. Nicht, dass sie dafür wie vor ein paar Jahrzehnten noch seine Erlaubnis gebraucht hätte. Es ging eher um die Frage der Selbstausbeutung für die Arbeit. Aber Blaha folgte ihrem Gefühl und produzierte das Solo selbst. Ein seltenes Beispiel dafür, dass eine freie Produktion ein Welterfolg wird. Lustiger Weise darin vergleichbar mit Paulus Mankers "Alma"-Mahler-Stück. Die Frauen des Wien um 1900 sind anscheinend weltweit ein Renner.

Nach Istanbul und New York kommt dann Neuseeland und Australien in den Genuss. Im Herbst dann spielt Blaha die Flöge in der Royal Academy im Rahmen der Klimt-Schiele-Zeichnungs-Ausstellung. Dann erst wieder im Belvedere in Wien (Karten reservieren!). 2019 folgt Japan. "Ich bin selber ganz baff", sagt sie, "den Erfolg habe ich nicht erwartet". Schon mit ihren Stücken zu Bertha von Suttner und Jelinek/Bachmann tourte sie derart durch die Welt. "Es ist mir sehr wichtig", sagt sie, "eine Botschafterin von Pionierinnen österreichischer Provenienz zu sein. Da bin ich fast ein bisschen pathetisch."

Für Barbara Weissenbecks Film "Frauenbilder - Gegenbilder: Die Künstlerinnen der Wiener Moderne", in der Künstlerinnen von Tina Blau, Vally Wieselthier bis Claudia Märzendorfer porträtiert werden, schlüpfte Blaha übrigens wieder ins schwarz-weiß-gestreifte Reformkleid. TV-Premiere: ORF-Kulturmontag, am 25. 6. 2018.

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