ÖVP-General Nehammer fordert strengere Regeln. Bildungsminister Heinz Faßmann zögert aber.
Wien. Pünktlich zum Ende des Ramadan wagte die ÖVP am Donnerstag einen neuen Vorstoß: Generalsekretär Karl Nehammer forderte ein Fastenverbot für schulpflichtige Kinder, „die geschwächt sind und nicht mehr dem Unterricht folgen können“. Das hätten unzählige Lehrerberichte gezeigt.
„Wenn religiöse Rituale – egal, welcher Religion – die Gesundheit von Kindern gefährden, geht das eindeutig zu weit“, sagt Nehammer. Es brauche in der Schule strengere Regeln. Für solche wäre Bildungsminister Heinz Faßmann, der auch von der ÖVP nominiert wurde, zuständig. Doch in seinem Büro zeigte man sich zurückhaltend. Man wolle bei dem Thema vorerst „nicht anstoßen“ und verlasse sich darauf, dass sich die Schulleitungen mit den Eltern in Verbindung setzen. Rein rechtlich sei ein Fastenverbot für Kinder zwar diffizil, aber denkbar, sagt Verfassungsjurist Bernd-Christian Funk. Es bestehe zwar Religionsfreiheit, der Staat habe aber auch die Verpflichtung, das körperliche und seelische Wohl der Kinder zu sichern. Deshalb müssten Pädagogen im Notfall einschreiten. Auch die Eltern haben eine Obsorgepflicht. Wird sie verletzt, so sei das schon jetzt strafrechtlich relevant. Dazu brauche es gar kein neues Gesetz.
Trinkzwang: „Erniedrigend“
Für die Islamische Glaubensgemeinschaft ist es offensichtlich, dass es bei der Forderung nicht um das Kindeswohl gehe, sondern darum, „Ressentiments gegen den Islam zu bedienen“, so Carla Amina Baghajati. Es bestehe für Kinder keine Fastenpflicht. Viele fasten freiwillig. Lehrer würden sie teilweise „auf erniedrigende Weise“ zwingen, Wasser zu trinken. Die Glaubensgemeinschaft sei „zutiefst betroffen“. (j. n.)
("Die Presse", Print-Ausgabe, 15.06.2018)