Opera: "Andere Browser holen sich alle Ideen von uns"

Der neue Opera 10.50
Der neue Opera 10.50(c) Screenshot, Montage: DiePresse.com
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Im Gespräch mit DiePresse.com erklären zwei Manager von Opera Software, warum man lieber nicht mit dem Internet Explorer surfen sollte, wieso Opera in Russland Marktführer ist und warum es Browser am iPhone so schwer haben.

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Es ist so weit: Mit März muss Microsoft Windows-Nutzer ihren Browser frei wählen lassen. Das hat die EU-Kommission durchgesetzt – 15 Jahre nachdem Microsoft den Internet Explorer untrennbar mit dem Betriebssystem Windows verbunden hat. Mit einem der nächsten Updates wird ein Auswahlbildschirm mit den gängigsten Alternativen ausgeliefert. Die Nutzer können frei wählen oder beim Internet Explorer bleiben. Den Anstoß für die Untersuchung der EU-Wettbewerbskommission gab Opera. Im Gespräch mit DiePresse.com erzählen Marketing-Chef Ted Miller und Produkt-Manager Roberto Mateu, warum der Internet Explorer unsicher ist, was Opera besser macht und warum sich Apple ziert, andere Browser für das iPhone zuzulassen.Seite 1: "Geschwindigkeit ist für Browser, was Megapixel für Kameras sind"

Seite 2: Microsoft und Google müssen sich anstrengen


DiePresse.com: Glauben Sie, dass der Auswahlbildschirm für Browser unter Windows die Kraftverhältnisse am Markt ändern wird?

Roberto Mateu: Ja, ich glaube es wird die Marktverhältnisse neu ordnen. Wie es genau ausgehen wird, ist noch völlig offen. Aber die Auswahl wird viele Nutzer überhaupt erst auf die Alternativen aufmerksam machen - es werden also alle gewinnen. Es wird stark darum gehen, wer mit neuen Webtechnologien am besten umgehen kann und zum Beispiel Facebook oder Gmail optimal und schnell darstellen kann. Wir haben eine neue Engine, Caracan, die derzeit die schnellste ist. Es ist zwar nicht so wie früher, dass bestimmte Webseiten nur in bestimmten Browsern dargestellt werden können - aber in manchen Browsern wird es schneller und flüssiger gehen als in anderen.

Ted Miller: Wenn wir zehn Prozent schaffen, ist das ein großer Schritt für uns. Das sind rund 100 Millionen Nutzer. Derzeit haben wir rund 50 Millionen Nutzer.  Den großen Vorteil wird der Auswahlbildschirm aber für Nutzer haben - sie haben nun die freie Wahl. Sie können einen Browser wählen, der genau die Funktionen bietet, die sie brauchen. Firefox-Nutzer schwören auf die vielen Add-Ons, mit denen Funktionen hinzugefügt werden können. Opera hat all das bereits integriert.

Viele werden sich auch bei dem Auswahlbildschirm wieder für Internet Explorer 8 entscheiden, weil sie ihn gewohnt sind. Ist Opera mit so vielen Funktionen nicht ein wenig zu kompliziert?

Mateu: Es ist ja schon sehr gut, wenn die Nutzer wenigstens Internet Explorer 8 installieren. Obwohl ich ihn nicht für gute Software halte, ist es immerhin ein großer Fortschritt gegenüber IE6 und IE7.

Miller: Als Google Chrome veröffentlichte, waren wir unsicher, wer Nutzer an Google verlieren wird. Tatsächlich ist aber auch unser Marktanteil gewachsen, seit Chrome erschienen ist.

Google Chrome hat gerade in den letzten Monaten viel dazu gewonnen.

Mateu: Aber Chrome holt sich die Marktanteile zum größten Teil vom Internet Explorer und von Firefox. Chrome lebt natürlich auch von der starken Marke Google.

Miller: Wir wollen, dass Nutzer alle Browser ausprobieren und dann entscheiden, welchen sie am meisten mögen.

Mateu: Opera 10.50 versucht für Nutzer wieder unkomplizierter zu werden. Wir haben den neuen Opera besonders für Windows 7 optimiert. Direkt an der Taskbar gibt es Vorschaubilder aller offenen Tabs. Opera war nie der schönste Browser, aber mit der neuesten Version haben wir wirklich sehr positives Feedback bekommen. Wir haben uns dafür einen Designer von Mozilla geholt, der auch das Firefox-Logo entworfen hat. Es hat eine Zeit gegeben, da war die Oberfläche von Opera so kompliziert wie das Cockpit eines Flugzeugs. Das Design ist jetzt viel aufgeräumter. Jetzt haben wir alles hinter einem Menü-Button verborgen, der ähnlich funktioniert wie der Start-Button von Windows. Opera bietet dadurch derzeit am meisten Platz für die Darstellung der eigentlichen Webseite. Sogar mehr als Chrome, der als besonders minimalistisch gilt. Anfänger sehen also auf den ersten Blick nur die für sie notwendigen Elemente. Fortgeschrittene können aber weiterhin alle Funktionen nutzen. Zum Beispiel die Synchronisation mit Browsern auf anderen Rechnern oder Handys. Außerdem haben wir eine neue Engine, Caracan, welche derzeit unter allen Browsern die schnellste ist.

Beinahe jeder Browser beansprucht für sich, der schnellste zu sein, wenn er neu auf den Markt kommt.

Mateu: Ja, aber jetzt gerade ist es unserer. Aber das hat auch ganz viel mit der Internetverbindung und der Hardware zu tun. Wir setzen nicht nur auch eine schnelle Engine, wir haben zum Beispiel auch einen guten Cache (Puffer-Speicher, der Inhalte zwischenspeichert und sie auf Abruf schnell zur Verfügung stellt, Anm.). Wenn man also zum Beispiel den "Zurück"-Button anklickt, ist die vorige Seite besonders schnell wieder verfügbar. Geschwindigkeit ist für Browser geworden, was die Megapixel für Kameras sind. Jeder will mehr davon, aber eigentlich kommt es viel stärker auf die Qualität der Linse an.

Opera 10.50

Anfang März ist Opera in einer neuen Version erschienen. Optisch scheint sich Opera ein wenig bei dem Aufsteiger Chrome abgeschaut zu haben. Die Menüleiste ist standardmäßig verschwunden und wird durch einen einzelnen großen Button ersetzt, der neben den Tabs am oberen Rand platziert ist. Dadurch ist ähnlich wie bei Chrome wesentlich mehr Platz zum Betrachten der Webseite.

Ebenfalls neu ist ein Modus für "Private Browsing", der auch bei allen Browser-Konkurrenten bereits Einzug gefunden hat. In dieser oft als "Porno-Modus" bezeichneten Einstellung werden beim Surfen keine Daten aufgezeichnet - es ist also nicht nachvollziehbar, auf welchen Seiten man unterwegs war. Außerdem versteht sich Opera 10.50 nun auf die Taskleisten-Funktionen unter Windows 7.

Auf was werden sich die Opera-Entwickler in den nächsten Jahren konzentrieren?

Mateu: Innovation, Geschwindigkeit und Sicherheit. Andere Browser werden sich ihre Ideen auch in Zukunft bei uns holen. Chrome zum Beispiel hat beim Start nichts geboten, das wir nicht schon gehabt haben.

Worauf sollen Nutzer bei der Wahl eines neuen Browsers noch achten?

Mateu: Auf Sicherheit. Internet Explorer ist so stark in Windows integriert. Jeder Browser hat Sicherheitslücken, also sollte man darauf achten, wie häufig das vorkommt. Bei Opera kommt es am seltensten vor. Auch wichtig ist, wie schnell die Entwickler darauf reagieren und Updates veröffentlichen. Da ist Internet Explorer am schlechtesten - es gibt nur einmal im Monat einen Update-Tag. Außerdem ist der Internet Explorer so stark in Windows integriert, dass die Konsequenzen größer sind. Außerdem geht es um Geschwindigkeit. IE ist ein langsamer Browser. Wir wollten für die PR des neuen Opera ein Balkendiagramm erstellen, um zu zeigen, dass wir die schnellsten sind. Den IE mussten wir streichen, weil er so langsam war, dass die anderen Balken im Verhälnis zu lange geworden wären.

Miller: Auch wenn man den Browser für aufwändigere Internet-Dienste zum Beispiel für Firmen nutzt, beginnt Geschwindigkeit eine ganz große Rolle zu spielen. Was viele auch nicht über Opera wissen ist, dass unser CEO das Internet für ein Grundrecht hält. Es muss für alle zugänglich sein, auf jenem Gerät. Opera 10.50 wurde von unserem CEO auf einem alten Thinkpad (Laptop von IBM, heute Lenovo, Anm.) aus dem Jahr 2002 getestet. Opera ist auch auf alten Geräten schnell. Google Chrome zum Beispiel hat bestimmte Hardware-Vorraussetzungen. Man muss mindestens ein Gigabyte (Arbeitsspeicher, Anm.) haben. Opera funktioniert auch mit langsamen Internetverbindungen gut. Das ist auch einer der Gründe, warum wir in Russland 40 bis 50 Prozent Marktanteil haben.    

Was wird der nächste Schritt sein? Welche neuen Funktionen werden Browser in den nächsten Jahren bieten?

Mateu: Der Standort des Nutzers wird sicher eine große Rolle spielen. Wenn der Browser diese Information hat und man sucht zum Beispiel nach Restaurants, werden zuerst alle in der Umgebung angezeigt. Auch soziale Internet-Applikationen, die den Standort des Nutzers anzeigen, wie Foursqare und Gowalla werden dann besser nutzbar.

Datenschutz wird damit auch ein immer größeres Thema. Was haben Browser in diesem Bereich zu bieten?

Mateu: In Opera 10.50 haben wir "Private Browsing" integriert.

Alle anderen hatten das schon vorher.

Mateu: Das hat etwas damit zu tun, wie man Private Browsing umsetzt. Wir haben das besser und strikter umgesetzt als alle anderen. Wenn Private Browsing aktiviert ist, werden alle Spuren die beim Surfen hinterlassen werden (Browser-History, Cookies, Passwörter, etc., Anm.) konsequent gelöscht. Außerdem sieht man bei uns nicht sofort, dass der Nutzer gerade etwas tut, das er geheimhalten möchte. Bei andern Browsern sind die Private-Browsing-Fenster durch Geheimagenten-Symbole und eine andere Farbe sofort zu erkennen. Jeder, der vobeigeht, weiß sofort, dass hier versucht wird, etwas zu verstecken. Bei uns sieht man keinen Unterschied. Das kann zum Beispiel auch hilfreich sein, wenn man an seinem Arbeitsplatz nach einem neuen Job sucht.

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