Satellitenbilder sollen Ausbau von Atombunker in Kaliningrad zeigen

Digital Globe/FAS
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In der russischen Exklave Königsberg beobachten Forscher einen massiven Ausbau eines nuklearen Waffenlagers. In der Region rüsten Nato und Russland seit geraumer Zeit auf.

Derzeit dreht sich in Kaliningrad das öffentliche Leben vor allem um eines: die Fußball-WM. Der Ort auf dem kleinen Fleckchen russischem Staatsgebiet namens Königsberg zwischen Polen und Litauen ist Austragungsort mehrere Spiele und damit wieder in den Blick der Öffentlichkeit gerückt.

Für Militärstrategen ist Kaliningrad schon seit langem ein interessanter Ort. Im Aufrüsten zwischen Nato und Russland spielt die Region eine besonders heikle Rolle. Russland dürfte nun seinen Atomwaffenbunker in Kaliningrad aufgerüstet haben, wie es in einem Bericht der Vereinigung Amerikanische Wissenschaftler (FAS, Federation of American Scientists) heißt. Sollten sich die Indizien als wahr herausstellen, wäre das eine weitere Provokation Russlands im Rüstungswettkampf mit der Nato rund um die baltischen Länder.

Die FAS behauptet, Satellitenbilder würden zeigen, dass der Atomwaffenbunker an der baltischen Küste vergrößert und mit einem neuen Betondach versehen worden sei. "Es trägt alle Fingerabdrücke typisch russischer Atomwaffenlager", sagte Hans Kristensen, der Direktor des nuklearen Informationsprojekts der FAS der britischen Zeitung "Guardian". Es gebe eine Reihe neuer Sicherheitsvorkehrungen, die man von nuklearen Anlagen in Russland kenne. Die Arbeit am Bunker habe 2016 begonnen, das Dach soll diesen Frühling fertiggestellt worden sein.

Kein Beweis

"Wir haben das Lager seit einiger Zeit beobachtet und es gab hier und da einige Verbesserungen in der Vergangenheit, aber nicht so dramatische wie diese. Das ist das erste Mal, dass wir gesehen haben, wie ein nuklearer Bunker ausgehoben und offensichtlich renoviert wurde", sagte Kristensen. Die Bilder seien allerdings kein Beweis dafür, dass es in Kaliningrad nun Atomwaffen gebe, aber sie würden zeigen, dass es ein aktiver Ort sei.

Anfang des Jahres rüstete bereits die Nato am Baltikum auf. Bis Ende Februar wurden neben 500 Soldaten auch 26 Panzer und 170 weitere militärische Fahrzeuge nur 100 Kilometer entfernt von Kaliningrad stationiert. Hochrangige Militärs in der Nato rechneten damit, dass Moskau auf die Truppenverlegung reagieren wird. Möglich ist aus ihrer Sicht, dass die Streitkräfte "Iskander"-Mittelstreckenraketen in Kaliningrad einsatzbereit melden werden. Die Geschoße können jedes Ziel und Polen treffen und selbst Berlin erreichen. Die Militärs gehen aber davon aus, dass sie längst einsatzbereit sind. 

Strategisch wichtige Region

Die Exklave Kaliningrad wurde nach dem Zweiten Weltkrieg geboren, als sowjetische Truppen die deutsche Hafenstadt Königsberg besetzten. Nach dem Krieg war die Stadt ein Trümmerhaufen. Die Sowjetunion vertrieb die deutschen Bewohner, verleibte Königsberg ihrem Territorium ein, besiedelte es mit Russen und taufte es zu Ehren eines 1946 verstorbenen Sowjet-Führers in Kaliningrad um. Nach dem Zerfall der Sowjetunion 1991 wurde Kaliningrad zur Exklave ohne Landgrenze mit Russland.

Die Nato wirft Russland vor, Kaliningrad als Teil ihrer Blockade-Strategie zu instrumentalisieren. Im Nato-Jargon ist von "A2/AD" die Rede: Die Abkürzung steht für anti-access/area denial. Gemeint ist das Vorgehen Russlands, an strategisch wichtigen Stellen Waffensysteme so zu stationieren, dass das Land der Nato den Zugang zu Teilen des Bündnis-Gebietes entweder deutlich erschweren oder ganz verwehren kann. Mit seinen Boden-Luft-Raketen in Kaliningrad könnte Russland Nato-Planern zufolge den Zugang zu den Baltenstaaten und zu etwa einem Drittel Polens blockieren.

>> Der Artikel im "Guardian"

(APA/Ag.)

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