Krankenkassen: Einigung auf Gratis-Mundhygiene für Unter-18-Jährige

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Boy with braces in dental surgery receiving dental floss treatment model released Symbolfoto propert(c) imago/Westend61 (imago stock&people)
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Die österreichischen Krankenkassen paktierten weitere Leistungsharmonisierungen: Neben der Gratis-Mundhygiene gibt es auch mehr Geld für Psycho-, Physio-, Ergotherapie und Logopädie.

Österreichs Krankenkassen machen mit der Harmonisierung ihrer Leistungen weiter. Am Dienstag beschlossen sei ein drittes Paket, das mehr Psychotherapie, vor allem aber - als größter Brocken - die kassenfinanzierte Mundhygiene für Kinder und Jugendliche von zehn bis 18 Jahren bringt. Allein diese Sachleistung kostet die Kassen 30 Millionen Euro pro Jahr.

Schon ab 1. Juli 2018 sollen Minderjährige beim Zahnarzt einmal pro Jahr kostenlos eine professionelle Zahnreinigung erhalten. Den Anteil der von Karies betroffenen Minderjährigen wollen die Kassenvertreter damit von derzeit rund 50 Prozent auf unter zehn Prozent drücken, wie dies etwa in Schweden oder Finnland der Fall ist.

Sachleistungsanteil bei Psychotherapie soll steigen

In der Psychotherapie soll per 2020 der Sachleistungsanteil, also die gänzlich von der Kasse bezahlte Therapie, auf 50 Prozent steigen, führte der Obmann der Salzburger Gebietskrankenkasse (SGKK), Andreas Huss, nach dem einstimmigen Beschluss in der Kassen-Trägerkonferenz aus. Und auch der Kostenzuschuss für die Inanspruchnahme von Nicht-Kassen-Therapeuten soll steigen, von 21,80 auf 28 Euro per 1. September 2018.

Mehr Sachleistungen und höhere Kostenzuschüsse gibt es ab September auch in der Ergotherapie, der Physiotherapie und der Logopädie. Bei Hörgeräten werden beidohrige Geräte über alle Kassen hinweg zum Standard. Ein weiterer Punkt betrifft orthopädische Schuheinlagen, wo man sich bis Jahresende um einheitliche Standards und einen neuen Vertrag mit den Schuhmachern bemüht.

Alle Harmonisierungsschritte zusammen kommen auf rund 85 Millionen Euro, allein das aktuelle Paket umfasst 40 Millionen Euro. Hauptverbands-Chef Alexander Biach zeigte sich entsprechend erfreut: "Es ist ein großer Tag für die Sozialversicherung und wahrscheinlich ein größerer für die Versicherten in unserem Land", meinte er: "Dass man für gleiches Geld nicht die gleiche Leistung bekommt, gehört in Zukunft der Vergangenheit an."

Änderung entspreche einem der größten Anliegen der Versicherten

Allerdings wird es weiter ein höheres Leistungsniveau in manchen Bundeskassen geben (so zahlt die Bauernkasse etwa statt 28 weiter 50 Euro Psychotherapie-Zuschuss). Dieses wird nicht abgesenkt, sondern auf dem bestehenden Niveau fixiert, langfristig will man eine Annäherung. Insgesamt werden aber 90 Prozent aller Versicherten in allen Kategorien harmonisierte Leistungen bekommen, sagte Biach. Beibehalten werden die unterschiedlichen Honorare, die die Kassen den Ärzten und anderen Vertragspartnern zahlen.

Ingrid Reischl, Chefin der Wiener Gebietskrankenkasse (WGKK) und Vorsitzende der Trägerkonferenz, freute sich über den Beschluss. Dieser entspreche einem der größten Anliegen der Versicherten.

Bundesregierung brauche "anderes Argument"

Huss von der SGKK konnte sich einen Seitenhieb auf die Bundesregierung nicht verkneifen: Diese müsse sich für die Kassenstrukturreform nun ein anderes Argument einfallen lassen, denn die - im System solidarische - Leistungsvereinheitlichung habe man schon selbst geschafft, und zwar weit über die Gebietskrankenkassen hinaus: "Wir brauchen dazu keine Regierung, weder eine Bundesregierung noch eine Landesregierung noch sonst irgendjemanden, der uns sagt, was für die Versicherten gut ist."

Erfreut über die künftig kassenfinanzierte Mundhygiene zeigte sich die ehemalige Gesundheitsministerin und nunmehrige SPÖ-Gesundheitssprecherin Pamela Rendi-Wagner: "Ich habe schon in meiner Zeit als Ministerin sehr dafür gekämpft, umso mehr freut mich, dass jetzt der Beschluss gelungen ist", betonte sie in einer Aussendung.

(APA)

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