Nach Freispruch von Vergewaltigung: Afghane wird abgeschoben

Der 19-Jährige stand wegen der Vergewaltigung einer 15-Jährigen in Tulln vor Gericht. Noch im Juni soll er abgeschoben werden. Der Verfassungsgerichsthof wies die Beschwerde des Afghanen ab, eine Haftentschädigung wurde beantragt.

Jener Afghane, der rechtskräftig vom Vorwurf der Vergewaltigung einer 15-Jährigen in Tulln freigesprochen wurde, soll abgeschoben werden. Der Verfassungsgerichtshof (VfGH) habe die Beschwerde gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts abgewiesen, bestätigte seine Anwältin Michaela Krömer am Mittwoch auf APA-Anfrage Informationen des "MFG"-Magazins.

Der junge Mann werde voraussichtlich am 23. Juni abgeschoben, sagte Krömer, die den 19-Jährigen im Asylverfahren vertrat. Sie kritisierte, dass man ihrem Mandanten die Möglichkeit verwehrt habe, Asylgründe mündlich darzulegen. Es habe nur ein einziges Interview im gesamten Verfahren und keine mündliche Verhandlung gegeben. Der VfGH habe aber in seiner Entscheidung keine Grundrechtsverletzung festgestellt, so die Juristin.

Im Zweifel freigesprochen

Zudem wurde Haftentschädigung beantragt, teilte Rechtsanwältin Andrea Schmidt mit und bestätigte entsprechende Medienberichte. Der 19-Jährige war 315 Tage in Untersuchungshaft gesessen, bevor er heuer im März gemeinsam mit einem Gleichaltrigen aus Somalia im Zweifel freigesprochen wurde. Eine Entscheidung über den Antrag gibt es den Angaben zufolge bisher noch nicht. Seit einer Novelle des Strafrechtlichen Entschädigungsgesetzes im Jahr 2005 haben rechtskräftig freigesprochene Angeklagte auch dann Anspruch auf Haftentschädigung, wenn der Freispruch im Zweifel erfolgte. Die Höhe der Entschädigung beträgt laut Gesetz 20 bis 50 Euro pro Tag des Freiheitsentzugs.

Die Staatsanwaltschaft hatte den beiden jungen Männern vorgeworfen, eine damals 15-Jährige am 25. April 2017 auf dem Weg vom Bahnhof Tulln zur Wohnung ihres Vaters verfolgt und mehrfach vergewaltigt zu haben. Die Schöffenverhandlung im März am Landesgericht St. Pölten hatte großteils unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattgefunden. Die Angeklagten hatten sich nicht schuldig bekannt und von einvernehmlichem Sex gesprochen. Ihre Verteidigerinnen hatten zudem auf Widersprüche in den Aussagen der 15-Jährigen verwiesen. Die Freisprüche im Zweifel wurden in Folge rechtskräftig. Das Urteil sorgte für Diskussionen.

(APA)

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